Frankfurt, Juni 2020. Es gab keine Zeugen. Tausendfach. Wer hätte es schon geglaubt, dass in demokratischen Rechtsstaaten auf offener Strasse Menschen von Polizisten getötet werden – einfach so. Unschuldige Menschen. Wer hätte es geglaubt, wenn Zeugen erzählt hätten, dass unschuldige Menschen auf offener Strasse erstickt oder erschossen werden. Wie viele Jahre hat niemand hingehört, niemand nachgefragt, niemand aufbegehrt, wenn «Schwarze» von weissen Polizisten niedergestreckt wurden, ohne dass ernsthafte Verfahren gegen die Mörder geführt worden werden. Was wäre gewesen, wenn alle diese Taten gefilmt worden wären, wenn alle Zeugen der Verbrechen hätten werden können? Georg Flyods Ermordung vor laufenden Kameras bringt vielleicht die Zeitwende. Vielleicht. Ohne die Kamera wären die Täter mit Massregelung, vielleicht milder Bestrafung davongekommen. Ohne Kamera hätte der Rechtsstaat vielleicht einmal mehr versagt. Ohne Kameras, wäre George Floyds Name so unbekannt geblieben wie jene aller anderen Opfer der Polizeiwillkür mit tötlichen Folgen. Alle Opfer, die doppelte sein werden. Auf immer.
Das jüdische Logbuch
12. Jun 2020
Rassismus ohne Kamera
Yves Kugelmann