Das jüdische Logbuch 08. Nov 2019

Parnes oder vom Wesen jüdischer Gemeinden

Mailand, November 2019. Wann ist eigentlich das Wesen von jüdischen Gemeinden verloren gegangen? Als externe Berater Prozessabläufe implementiert und Gemeinden durchökonomisiert, Kommunikationsagenturen oder Politsachverständige die jüdischen Verbände total entkernt haben? War es zur selben Zeit, als Patrons von Managern und CEOs abgelöst wurden, oder als Ideologien auch die jüdischen Gemeinschaften fraktioniert haben? War es, als die Eigenständigkeit im Zuge so vieler Kapitulationen im Zuge der Assimilation anstatt Emanzipation geopfert wurde? Ja. Auch die jüdische Gemeinde muss ökonomischen, doch zugleich Prinzipen der Solidarität und Kultur folgen. Nein. Wirtschaftlichkeit und umsichtige Führungsqualität widersprechen sich nicht. Die jüdischen Gemeinden stehen europaweit unter Druck, gerade auch dort, wo sie nicht subventioniert wurden. Als Gemeindepräsidenten und leider zu lange viel zu wenig -präsidentinnen noch Parnes und nicht Manager waren, sind oftmals die grossen Wogen im Geiste der Vernunft, Solidarität, kulturellen Errungenschaften, ja mit umsichtiger Weisheit geregelt und bewältigt worden. Zu oft gingen sie vergessen. Wer durch Europa fährt, findet sie noch, die Väter und Mütter von Gemeinden. Ohne nostalgische Beschönigung – ganz real. Meist dort, wo die Weltgeschichte einst zugeschlagen hat. Leider.



Yves Kugelmann ist Chefredaktor der JM Jüdischen Medien AG.

Yves Kugelmann