Bern 03. Jul 2025

Nachrichtendienst des Bundes alarmiert über verschlechterte Lage

Der Chef des Nachrichtendiensts des Bundes, Christian Dussey.

Die Sicherheitslage der Schweiz hat sich kontinuierlich verschlechtert. 

Die globale Konfrontation mit den USA auf der einen sowie Russland und China auf der anderen Seite hat Auswirkungen: Spionage- und Proliferationsgefahr in der Schweiz sind hoch. Zudem ist die Terrorgefahr erhöht, wie der Nachrichtendienst des Bundes berichtet.
Die globale Konfrontation treffe die Schweiz direkt. Sie sei nicht Beobachter, sondern mit ihrer Lage in der Mitte Europas direkt betroffen von der veränderten Weltlage, sagte der Chef des Nachrichtendiensts des Bundes (NDB), Christian Dussey, am Mittwoch vor den Medien in Bern. "Unser Lageradar zeigt 15 Brennpunkte gleichzeitig - eine solche Bedrohungsdichte haben wir noch nie erlebt." Man habe auch Anschläge in der Schweiz und im Ausland verhindern können. Dabei habe es sich meist um islamistische Anschlagspläne gehandelt.
Die grösste Gefahr gehe derzeit von Russland aus, sagte Dussey. "Russlands Krieg gegen die Ukraine ist die grösste geopolitische Herausforderung seit dem Ende des kalten Krieges." Und das strategische Ziel Russlands gehe über die Ukraine hinaus und bedrohe auch die baltischen Staaten und Moldau.
Das Land führe einen Schattenkrieg gegen den Westen, Desinformation, Sabotage und Cyberattacken zum Beispiel auf kritische Infrastrukturen seien dazu die Schlagworte. Auch die Schweiz sei vom hybriden Konflikt direkt betroffen und stehe unter anderem als Innovationsstandort unter Druck, so Dussey.
Die globale Rivalität zwischen den USA und China werde die Sicherheitspolitik der nächsten Jahre prägen, hält der Lagebericht "Sicherheit Schweiz 2025" des NDB fest. Russland, China, Nordkorea und Iran arbeiteten enger zusammen und wollten die internationale Ordnung verändern. 2025 dürfte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine weitergehen.
Parallel dazu eskalierte der Konflikt zwischen Israel und dem Iran. Diese parallelen Krisen verstärken die globale Unsicherheit. Und das spitzt die Spionagegefahr in der Schweiz gemäss dem NDB zu: Als Technologiestandort und Gaststaat internationaler Organisationen werde sie zum strategischen Ziel fremder Nachrichtendienste.
Die grösste Spionagedrohung geht gemäss dem NDB von Russland und China aus. Beide Staaten unterhalten in der Schweiz eine grosse nachrichtendienstliche Präsenz. Ihr Interesse gilt Bundesbehörden, Firmen, internationalen Organisationen und Forschungseinrichtungen.
Die Konkurrenzsituation zwischen den Grossmächten mache die Schweiz auch zu einem bevorzugten Platz für Sanktionsumgehungen oder den Handel mit verbotenen Gütern. Russland, Iran und Nordkorea versuchen nach Erkenntnissen des NDB vermehrt, Dual-use-Güter und Technologien für ihre Rüstungs- und Nuklearprogramme in der Schweiz zu beschaffen.
Bei der Bekämpfung von Sanktionsumgehungen und bei der Proliferation steht der NDB in engem Kontakt mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft. Beide Bundesstellen zusammen sensibilisieren Schweizer Unternehmen für die Risiken auf diesem Gebiet.
Technologie sei der Schlüssel zur Macht, erklärte Dussey. Sowohl für die Spionage als auch für Sanktionsumgehungen und Proliferation sei der Innovationsstandort Schweiz interessant. Das stelle den Nachrichtendienst vor grosse Herausforderungen, welche er nur mit nationaler und internationaler Zusammenarbeit bewältigen könne.
Bezüglich der erhöhten Terrorgefahr beunruhigt den NDB die Online-Radikalisierung Jugendlicher in besonderem Mass, wie er im Lagebericht weiter schrieb. Islamistische Einstellungen prägen dabei das Bild. Letztes Jahr habe es viele Festnahmen gegeben.
Die Radikalisierung Jugendlicher kann schnell geschehen. Entscheidend ist für den NDB die Früherkennung von Radikalisierungstendenzen. Zur Prävention arbeitet er mit Schulen, Jugendorganisationen und der Polizei zusammen. Exponiert bleiben wegen der Lage im Nahen Osten jüdische und israelische Personen und Einrichtungen.
Die grösste aktuelle Herausforderung sei indes die Kluft zwischen den wachsenden Aufgaben des NDB und dessen Kapazitäten, sagte Dussey weiter. Er hatte seinen Rücktritt im Februar bekannt gegeben, bleibt aber bis Ende März 2026 im Amt.
 

Redaktion