Norwegen 08. Jul 2025

Einzigartiger Schabbat-Brauch

Eine Aufnahme von Trondheim - die Stadt feiert das 1o0-jährige Bestehen ihrer Synagoge.

Die jüdische Gemeinde von Trondheim bereitet sich auf ein besonderes Jubiläum vor: Im Herbst feiert die Synagoge der Stadt ihr 100-jähriges Bestehen.   

Die Feierlichkeiten, die sich über drei Tage erstrecken, finden ihren Höhepunkt am 26. Oktober. Erwartet werden prominente Gäste, darunter Mitglieder der norwegischen Königsfamilie, der Premierminister sowie der Bürgermeister Trondheims.
Die Synagoge in Trondheim, nur 220 Meilen südlich des Polarkreises gelegen, ist nicht nur architektonisch ein Juwel, sondern auch religiös eine Besonderheit. Aufgrund der extremen Tageslichtschwankungen – im Sommer bis zu 20 Stunden Helligkeit, im Winter nur vier Stunden – hat die Gemeinde eine eigene Methode zur Bestimmung von Beginn und Ende des Schabbats entwickelt. Statt sich nach Sonnenuntergang zu richten, beginnt der Schabbat hier das ganze Jahr über freitags um 17:30 Uhr und endet samstags um 18:30 Uhr. Diese Regelung besteht seit 120 Jahren und ist weltweit einzigartig unter orthodoxen Synagogen1.
Die jüdische Geschichte in Trondheim reicht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück, als Einwanderer aus Polen und Litauen in die Stadt kamen. Die heutige Synagoge wurde 1925 in einem ehemaligen Bahnhof eröffnet und ist – neben Oslo – eine von nur zwei Synagogen in Norwegen. Während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von den Nazis beschlagnahmt; etwa die Hälfte der jüdischen Gemeinde fiel der Shoah zum Opfer.
Heute zählt die Gemeinde rund 200 Mitglieder. Die meisten sind kulturell interessiert, aber nicht streng religiös. Gottesdienste finden in der Regel alle zwei Wochen statt. Der norwegische Oberrabbiner Michael Melchior reist regelmässig aus Israel an, ansonsten leitet der langjährige Gemeindevorsteher Asher Serussi die Zeremonien.
Um an die Opfer der Shoah zu erinnern, wurde 1997 eine Statue für die 13-jährige Cissi Klein errichtet, die in Auschwitz ermordet wurde. Zudem beherbergt das Synagogengebäude ein kleines Museum, das jährlich etwa 7.000 Besucher zählt und insbesondere Schulklassen über die Geschichte der Juden in Trondheim informiert. Ein besonderes Ausstellungsstück: 165 leere Kleiderbügel, die an die während des Holocaust ermordeten Gemeindemitglieder erinnern.
Die Gemeinde sieht sich heute mit verstärktem Antisemitismus konfrontiert, insbesondere seit Beginn des Gaza-Kriegs 2023. 2024 wurde der jüdische Friedhof geschändet und ein Molotowcocktail auf die Synagoge geworfen. Die Gemeinde rät daher, in der Öffentlichkeit keine jüdischen Symbole zu tragen.
Trotz aller Herausforderungen blickt die Gemeinde optimistisch in die Zukunft: „Wir haben die Shoah überlebt und wachsen wieder. Unsere Synagoge steht allen Juden offen, die einen Ort zum Beten suchen“, so Gemeindevorsitzender John Arne Moen.

Redaktion