Zürich 26. Aug 2025

Anwälte fordern Freisprüche für Pro-Palästina-Aktivisten

Polizisten tragen die Demonstranten aus dem ETH-Hauptgebäude in Zürich am 31. Mai 2024.

Die Anwälte von vier Pro-Palästina-Aktivisten haben am Bezirksgericht Zürich Freisprüche gefordert.

Die Beschuldigten kritisierten das Vorgehen der ETH. Der Prozess wurde von einem grossen Polizeiaufgebot begleitet. Die ETH kriminalisiere die Meinungsfreiheit, hiess es in einem längeren Schlusswort, das die vier Beschuldigten am Dienstag hielten. Die Hochschule sei nicht unabhängig, die Politik drohe mit Kürzungen und private Firmen bestimmten mit, was geforscht werde, sagte einer der Beschuldigten. Kritik sei nicht erwünscht und die «akademische Freiheit» interpretiere die Hochschule selektiv.
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lauten durchs Band gleich: Die Beschuldigten waren demnach Teil einer Gruppe, die am 31. Mai 2024 in der ETH gegen eine Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten protestiert hatte. Die Schulleitung machte sie nach einer gewissen Zeit darauf aufmerksam, dass Strafanzeigen gestellt würden. Der Aufforderung der Polizei, die Haupthalle zu verlassen, kamen nicht alle nach.
Dass die vier Studierenden Hausfriedensbruch begangen und an einer unbewilligten Demonstration teilgenommen hätten, wiesen ihre Anwälte zurück. Sie stellten Beweisvideos infrage. Bei der Aktion sei aber auch der Lehrbetrieb nicht gestört worden. Eine «kritische, kreative Auseinandersetzung mit Israel» sei der Protest in der Haupthalle der ETH Zürich gewesen, an dem rund 70 Personen teilgenommen hatten.
Ein Anwalt argumentierte, dass die Menschen angesichts eines «Völkermords» das Recht hätten, zu demonstrieren. Die ETH wolle sie aber davon abhalten. Durch ihre Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten unterstütze die ETH einen möglichen Genozid. Die ETH könne nicht garantieren, dass Israel Wissen, das die ETH etwa an israelische Universitäten weitergibt, militärisch nutzt. Die Demonstrierenden hätten die Hochschule daran erinnert, «fantasievoll und verhältnismässig».
Die Staatsanwaltschaft war am Prozess nicht anwesend. Sie fordert Geldstrafen von 30 mal 30 Franken in drei Fällen und einmal 30 mal 70 Franken. Für drei Strafen soll eine Probezeit von zwei Jahren gelten. Nur eine Beschuldigte müsste ihre Strafe von 30 mal 30 Franken bezahlen, weil sie einschlägig vorbestraft ist. Zudem sollen die Beschuldigten Bussen zwischen 100 und 400 Franken bezahlen.
Schon vor der Verhandlung versammelten sich rund 50 Personen für eine Solidaritätskundgebung vor dem Gericht. Mit einem Banner forderten sie «No Tech for Genocide». Ein grosses Polizeiaufgebot war ebenfalls vor Ort. Die meisten Demonstrierenden trugen, wie die Beschuldigten, eine Kufiya, auch als «Palästinensertuch» bekannt.
Viele Unterstützer wollten danach am Prozess teilnehmen, einige liess die Richterin zu. Sie verwies auf die Platzverhältnisse und die fehlende Anmeldung der Aktivistinnen und Aktivisten, um den Ausschluss weiterer Personen zu begründen.
Die Polizei kontrollierte Ausweise und Taschen und tastete die Personen ab. Einer der beiden Verteidiger wähnte sich dabei an einem «Terroristenprozess».
Auf Fragen zur Person oder zu den Vorwürfen äusserten sich die Beschuldigten im Alter von 23 bis 27 Jahren nicht. Die Strafbefehle der Staatsanwaltschaft akzeptierten sie aber nicht. Einzig, dass eine Beschuldigte bereits für die Blockade der Quaibrücke durch Extinction Rebellion in Zürich verurteilt worden war, erwähnte die Richterin bei der Befragung.
Die Urteile werden frühestens Ende Oktober eröffnet. Im September stehen drei weitere Personen wegen des Protests am 31. Mai 2024 vor Gericht. Es war der zweite Pro-Palästina-Protest an der ETH Zürich im gleichen Monat. Am 7. Mai demonstrierten rund 100 Personen in der Haupthalle.
 

Redaktion