Basel, Juni 2025. Der Krieg gegen Iran katapultiert Israel und die Weltgemeinschaft in eine neue Ära – mit offenem, aber hoffentlich kalkulierbarem Ausgang. Israels Unabhängigkeitskrieg von 1948, der Suez-Krieg 1956, der Sechstagekrieg 1967, der Jom-Kippur-Krieg von 1973, die Libanon-Kriege von 1982 oder 2008, der Gaza-Krieg von 2023 – sie alle mögen in einem retrospektiven Zusammenhang mit dem Krieg gegen den Iran stehen, und doch auch nicht. Der Krieg gegen Iran könnte aber zu Israels grösstem und globalstem werden, der den Nahen Osten, die arabische Welt fundamental ändern und Juden und Perser wieder zusammenführen könnte. Die biblischen Mythen um Königin Esther, die Rettung der Juden durch den Gründer des persischen Reichs, Kyros, die engen Beziehungen von Juden und Iran noch bis vor wenigen Jahrzehnten sind mit der Herrschaft des totalitären Regimes in Teheran dann vielleicht längst vergessen – aber nicht weg. Das iranische Exil weltweit hat daran immer angeknüpft, und vielleicht bleibt letztlich das Regime eine brutale, blutige Fussnote in der Geschichte. – An der Art Basel prallen die Welten in diesem Jahr subversiv aufeinander. Die Messe ist auffallend und vielleicht erfrischend unpolitisch. Doch der Dialog zwischen den Kulturen ist überall sichtbar. Eine Kunstmesse, Kultur ohne Skandale und Proteste. Durch Kunst, Künstler, Begegnungen im geschützten, manchmal zu elitären, aber stets offenen Raum für alle. Die iranische Künstlerin Armineh Negahdari präsentiert expressive Zeichnungen, Gemälde und Skulpturen, die sich mit politischer Gewalt und sozialer Unterdrückung auseinandersetzen. Die politisch seit jeher engagierte, von jüdischen Inhabern gegründete Goodman Gallery zeigt die iranische Künstlerin Shirin Neshat. Zu sehen sind andernorts die israelischen Künstler Nira Pereg, Sigalit Landau, Dan Allon oder Michael Sgan-Cohen sowie die palästinensische Fotografin mit israelischem Pass Ahlam Shibli. In Zeiten von Krieg, von existenzieller Bedrohung, mag das zweitrangig erscheinen – oder eben doch nicht. Im 14. Jahrhundert verfasste Maulānā Shāhīn-i Shirāzi, einer der bedeutendsten persischen jüdischen Poeten des Mittelalters, das judäo-persische Gedicht «Das Buch Esra». Geschrieben hat er auf Persisch mit hebräischen Buchstaben, wie heute noch in der israelischen Nationalbibliothek zu sehen ist. «Cyrus, von Gottes Gnaden, erblühte in königlicher Pracht, sein Herz war gerecht, sein Zepter strahlend – im Dienst der Wahrheit und der Macht», heisst es in den überlieferten Texten. Vielleicht bleibt am Ende der Geschichte nicht Hamans oder Khomeinis Vernichtungsphantasie der Juden, sondern ein neues goldenes Zeitalter stehen – und es wächst zusammen, was zusammengehört. Hoffentlich ohne ohnehin schon zu vielen Opfern.
Yves Kugelmann ist Chefredaktor der JM Jüdischen Medien AG.
das jüdische logbuch
20. Jun 2025
Israels grösster Krieg?
Yves Kugelmann