Basel, Mai 2025. Die Debatten um Israel toben weltweit. Sie dringen in alle Bereiche der Gesellschaften, in Politik, Kultur, Sport ein und spalten über die Konfliktparteien hinaus, fordern Solidarisierung, Positionierung, Aktionismus ein. In diesen Tagen trifft die Debatte auf Basel. Nicht nur die jüdische Bevölkerung fürchtet angesichts der erwartbaren und angekündigten Protestaktionen einen Backlash – der von Lobbygruppen allerseits noch angefeuert wird. Nach dem 7. Oktober 2023 gab es gute Gründe für die israelische Offensive in Gaza. Die Massaker der Hamas im Süden Israels stellten eine Zäsur dar und trafen über die Opfer hinaus die jüdische Gemeinschaft an ihrer verletzlichsten Stelle. Regierungen führen in solchen Situationen keine philosophischen Diskussionen, sondern müssen und wollen handeln. Dass Israels Regierung im Schatten der vielfältigen Bedrohungen eine rechtsradikale ideologische Matrix umzusetzen versucht, wird eine funktionierende Demokratie abwehren können – und dazu gehört auch eine funktionierende jüdische Zivilgesellschaft weltweit. Denn irgendwann wird das Schweigen, Abwiegeln, Legitimieren zu der verheerenden Situation für Palästinenserinnen und Palästinenser in Gaza und teils der Westbank nicht mehr möglich sein, und das Debattieren hinter vorgehaltener Hand nicht mehr ausreichen. Die Antwort auf Islamismus, Extremismus oder Terrorismus kann nicht «Judaismus», sondern unideologisches Judentum sein. Was das im Angesicht der Bedrohungen heisst, wird zu diskutieren sein. Bald wird die Konfrontation mit den Ereignissen von Gaza nicht mehr eine sein, die in den Händen jüdischer Akteure, Politiker oder Lobbyisten liegt, sondern an die jüdischen Gemeinschaften herangetragen wird – auch aus den innersten Kreisen. Es gibt also gute Gründe zu reden.
Yves Kugelmann ist Chefredaktor der JM Jüdischen Medien AG.
das jüdische logbuch
09. Mai 2025
Die guten Gründe
Yves Kugelmann