HINTERGRUND 12. Sep 2025

Aufbruch in eine neue Zukunft

Der Zentralrat der Juden in Deutschland wurde fünf Jahre nach der Schoah vor 75 Jahren 19. Juli 1950 in Frankfurt am Main gegründet. Ursprünglich verstanden sich viele Überlebende als Durchreisende auf dem Weg in neue Heimaten wie Israel oder die USA. Der Zentralrat diente zunächst vor allem der Vertretung gemeinsamer Interessen, insbesondere bei Fragen der Wiedergutmachung, Entschädigung und der Ausreiseorganisation. Bald entwickelte er sich zur zentralen politischen, religiösen und gesellschaftlichen Stimme des Judentums in Deutschland. In den 1950er Jahren lebten nur rund 15 000 Jüdinnen und Juden in Deutschland. Mit der Einwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion ab 1991 wuchs die Gemeinschaft stark an. Der Zentralrat spielte hierbei eine Schlüsselrolle bei der Integration der Neuankömmlinge. Seine Aufgaben umfassen heute die Vertretung jüdischer Interessen, den Kampf gegen Antisemitismus, die Pflege der Erinnerungskultur sowie den Schutz jüdischen Lebens. Er ist Ansprechpartner für Politik, Kultur, Zivilgesellschaft und Religionsgemeinschaften. Zu den jüngsten Projekten zählen die Einführung der Militärseelsorge für jüdische Soldaten (2019), das bundesweite Themenjahr «1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland» (2021) und die Gründung der Jüdischen Akademie in Frankfurt, die 2026 eröffnet wird. Heute repräsentiert der Zentralrat über 100 Gemeinden mit rund 90 000 Mitgliedern. Seit 2014 steht der Arzt Josef Schuster an der Spitze des Zentralrats. Zu seinen prägenden Vorgängern gehörten Persönlichkeiten wie Heinz Galinski, der den Zentralrat nach dem Krieg aufbaute, Ignatz Bubis, der den Dialog mit der Mehrheitsgesellschaft intensivierte, und Paul Spiegel, der nach der Einwanderungswelle aus der Sowjetunion den inneren Zusammenhalt der Gemeinden stärkte.

Redaktion