standpunkt 07. Nov 2025

Wenn Hass zum Friedensprojekt wird

Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Schindluder man mit «Frieden» und «Freiheit» treiben kann. Dies tut zum Beispiel ab 26. November die Offene Kirche im Herzen Berns, spezialisiert auf den interreligiösen Dialog. Unter dem Titel «Gesichter des Friedens» ist eine Ausstellung mit Rahmenprogramm bis 10. Dezember aufgegleist. Die Ausstellung solle Hoffnung machen «auf einen praktischen Frieden, den jede*r mittragen kann».

So weit, so gut, wenn man die Friedensprojekte aus Deutschland und den besetzten Gebieten anschaut. Doch dann reihen sich da plötzlich noch die Porträts von getöteten Journalistinnen und Journalisten in Gaza ein, gezeichnet vom italienischen Illustrator Gianluca Constantini. Es seien «Menschen, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, Zeugen der Welt zu sein», heisst es pathetisch im Begleittext. Schenkt man diesen Zeilen Glauben, handelt es sich bei den Getöteten um Medienschaffende, «die eine Kamera statt einer Waffe in der Hand hielten» und nun Sinnbild geworden seien für «eine systematische Auslöschung der Medien in den palästinensischen Gebieten, insbesondere im Gazastreifen».

Neun Namen werden auf der Webseite zur Ausstellung kurz vorgestellt. Sie waren im Einsatz für die sieben Sender Al-Manar, Al-Alam, Al-Quds TV, Al-Quds Al-Youm, Safa, Palestinian Information Center und TRT World. Ein eine kurze Recherche genügt: Keine dieser Stationen entspricht den Standards dessen, was wir «faire Berichterstattung» nennen würden. Die Stationen SAFA, Palestinian Information Center und Al-Quds TV sind direkt mit der Hamas verbunden, Ql-Quds Al-Youm mit dem Islamischen Jihad. Al-Manar TV ist in Deutschland wegen islamistischer Propaganda verboten. Al-Alam ist der offizielle arabischsprachige Sender der Islamischen Republik, der in den USA bereits wegen Gewaltaufrufen als mögliche Terrorgefahr im Visier war. TRT World schliesslich ist ein staatlicher türkischer Sender, dem journalistische Standards ferner liegen als die islamistische Propaganda der Erdogan-Regierung.

Mit anderen Worten: Die Ausstellung gibt hier Journalisten eine Bühne, die die Pressefreiheit missbrauchen, um islamistische Feindbilder systematisch zu bewirtschaften, Judenhass zu schüren und zur Gewalt anzustacheln. Es ist der gleiche Missbrauch von demokratischen Rechten wie kürzlich in Bern mit zwei unbewilligten Demos: Am 2. Oktober kam es aus Frust um Gretas Gaza-Flotilla zu Gleisbesetzungen am Bahnhof und zum Ansturm auf die Synagoge. Am 11. Oktober folgte die Grossdemo zu «100 Jahre Widerstand» inklusive Brand und zerschlagenen Schaufenstern. Wenig Meter entfernt von der Heiliggeistkirche, wo die Ausstellung nun stattfinden soll, hiess es «Death to the IDF» und «Kill your local Zionist».

Die ab 26. November abgefeierten Journalisten des Friedens aus Gaza wären in Bern an vorderster Front mitmarschiert. Auf einen solchen «praktischen Frieden» verzichte ich, auf eine solche Ausstellung ebenfalls.

Hannah Einhaus ist Journalistin und Historikerin aus Bern.

Hannah Einhaus