Israels nationaler Geburtstag ist der Unabhängigkeitstag. In den ersten 77 Jahren seiner Existenz hat der Staat in der jüdischen wie auch in der Menschheitsgeschichte beispiellose Leistungen vollbracht. Doch es gab auch Rückschläge – einige davon verhängnisvoll. Der letzte und vielleicht schwerwiegendste war das Versagen der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte am 7. Oktober.
Seitdem bemüht sich die IDF seit vielen Monaten – zu vielen –, den Schock zu verarbeiten, den sie erlitten hat, und das Vertrauen jener zurückzugewinnen, deren Sicherheit sie nicht gewährleisten konnte.
Die Ursachen dieses Bruchs sind nicht nur taktischer Natur. Die IDF hat sich von jenem einzigartigen Weg entfernt, den sie in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens beschritten hatte – mit Komplotten, konzentriertem Kräfteeinsatz, Verlagerung des Kampfgeschehens ins feindliche Gebiet und Blitzsiegen und hat sich stattdessen auf andere Kriegstheorien eingelassen: Abschreckung und Warnung. Diese passen jedoch nicht zum Charakter und den speziellen Erfordernissen eines Kampfes gegen Feinde, deren einziges Ziel die Vernichtung des jüdischen Staates ist.
Seit rund 20 Monaten befindet sich Israel im Krieg. Der einst so erfolgreichen IDF gelingt es – vor allem wegen struktureller und ausbildungstechnischer Mängel, sowohl in Theorie als auch Praxis – nicht, eine Wende herbeizuführen und einen entscheidenden Sieg zu erringen, wie es in früheren Kriegen möglich war. Die Regierung, der die Lage offenkundig bewusst ist, muss nun eingreifen und dem Zaudern ein Ende setzen.
Diese Regierung hat zwar in nahezu allen Bereichen versagt, und einige ihrer Minister sind wahre Katastrophen. Doch etwas unterscheidet sie von ihren besser qualifizierten Vorgängern: Sie verfügen über ein tiefes Verständnis der Realität, in der wir leben.
Ihre Weltanschauung – selbst bei den gescheiterten Ministern – wird nicht von politischer Korrektheit geprägt. Ihre Wahrheit (mit Ausnahme ihres Anführers und der ultraorthodoxen Geistlichkeit, die nicht zu dieser Kategorie zählen) lautet: Solange sich die Prophezeiung Jesajas – wie sie von den falschen Messiasgestalten von Oslo, den Toröffnern Gazas und Jerichos für 40 000 von Arafats «Friedenstruppen», von den Illusionisten, die glaubten, ein Rückzug werde Frieden bringen, oder von den Strategen, die versprachen, der Abzug vom Golan werde eine Ära der Sicherheit und des Wohlstands einleiten – nicht erfüllt, ist es für uns Juden besser, der Wolf zu sein als das Schaf.
Die umfassende Operation vergangene Woche im Beiruter Dahiyeh-Viertel sowie die entschlossenen Schritte, Syriens Angriffsfähigkeit zu unterbinden – zusammen mit weiteren offenen und verdeckten Aktionen – sind ermutigende Zeichen.
Anders als die Regierung Netanyahus nach dem zweiten Libanon-Krieg toleriert diese Regierung die Verstösse der Hizbollah nicht und akzeptiert keinen ungehinderten Waffenfluss an die Terrororganisation. Trotz des «Waffenstillstandsabkommens» hält die IDF weiterhin Verteidigungsstellungen im Südlibanon, und die Luftwaffe zerstört geschmuggelte Waffenlieferungen.
Man kann sich nur vorstellen, wie die Lage im Norden heute aussähe, hätte Netanyahu vor 20 Jahren eine solche Politik verfolgt. Die Hizbollah wäre womöglich eine marginale Terrorgruppe geblieben, und die IDF hätte den Waffenfluss aus dem Iran gestoppt.
Mit Organisationen und Terrorstaaten wie dem Iran, der Hizbollah und der Hamas – rassistisch und religiös motiviert zur Vernichtung Israels – kann man kein Abkommen schliessen. Sie können nur durch entschiedenen militärischen Sieg überwunden werden.
Das 78. Jahr muss zum Jahr der Entscheidung werden. Wir verfügen über die nationale und militärische Stärke, um das zu erreichen.
Israel Harel ist Kolumnist bei der Zeitung «Haaretz».
zur lage in israel
09. Mai 2025
Sieg über Terror
Israel Harel