standpunkt 03. Okt 2025

Jom Kippur wird Netanyahu nicht erlösen

Diese hohen Feiertage – die zehn Tage der Busse zwischen Rosch Haschana und Jom Kippur – sind nach jüdischer Tradition Tage der Reue und der Selbstreflexion. Es sind Tage, an denen das Urteil jedes Menschen im Himmel besiegelt wird. Aber ich denke an die Selbstreflexion, die von einem bestimmten Mann verlangt wird, der seine Seele an den Teufel verkauft hat.

Während der Jom-Kippur-Gebete von gestern hatten wir wiederholt die Worte des Bekenntnisses sprechen und uns wegen unserer Sünden an die Brust schlagen müssen: «Wir haben gesündigt, wir haben verraten, wir haben gestohlen, wir haben verleumdet.» Auch er wird sich sicherlich eine Kippa auf den Kopf setzen, mit Sicherheitspersonal bis zum Hals in der Synagoge stehen und sich an die leere Brust schlagen.

Ich nehme an, dass ihm die Pluralform der Verben die Sache erleichtern wird – «Wir haben gesündigt, wir haben betrogen, wir haben gestohlen.» Wenn es um Fehler geht, wechselt er im besten Fall immer schnell zur ersten Person Plural. Aber hat er sich jemals gefragt, warum dieses Bekenntnis in der ersten Person Plural gesprochen wird?

Die Antwort auf diese Frage war noch nie so relevant wie heute. Denn nach unserer alten Tradition ist jeder Jude für jeden anderen verantwortlich, wie ein einziger Körper, der aus mehreren Organen besteht.

Aber unter der Aufsicht dieses Mannes, der eine Regierung des Blutvergiessens anführt, wurde auch dieser heilige Wert ermordet. Daher werde ich Sie nun in der ersten Person Singular daran erinnern: «Sie haben gesündigt, Sie haben betrogen, Sie haben gestohlen, Sie haben verleumdet, Sie haben andere zur Sünde verleitet, Sie haben andere dazu gebracht, böse zu sein, Sie waren halsstarrig, Sie haben gestohlen, Sie haben gelogen und Betrug begangen, Sie haben getäuscht, Sie haben missbraucht, Sie haben Verbrechen begangen, Sie haben anderen Kummer bereitet, Sie waren korrupt.»

Und zu unserem Unglück muss zu dieser langen Liste noch die grösste aller Sünden hinzugefügt werden – du hast zerstört, du hast geopfert, du hast aufgegeben. Und du zerstörst, opferst und gibst weiterhin auf.

Folglich sollten wir den Wortlaut dieses alten Bekenntnisses speziell für dich vor Jom Kippur aktualisieren und dir Folgendes sagen:

Für die Sünde, die du wissentlich und mit Betrug vor uns begangen hast. Für die Sünde, die du vor uns begangen hast, indem du anderen Unrecht getan hast. Für die Sünde, die du vor uns absichtlich oder unabsichtlich begangen hast, indem du Macht ausgeübt hast, indem du Gottes Namen entweiht hast, indem du unreine Sprache verwendet hast, indem du der bösen Neigung gefolgt bist.

Für die Sünde, die du vor uns durch Bestechung, Lügen und Unwahrheiten begangen hast. Für die Sünde, die du vor uns begangen hast in Verhandlungen und durch Arroganz und Dreistigkeit. Für die Sünde, die du vor uns begangen hast durch schlechtes Urteilsvermögen, durch Nachlässigkeit, durch das Streben nach Bösem. Für die Sünde, die du vor uns begangen hast durch falsche Versprechungen. Für die Sünde, die du vor uns begangen hast durch grundlosen Hass.

Und all das werden wir niemals vergeben und wir werden niemals verzeihen.

Zeruya Shalev ist israelische Autorin.

Zeruya Shalev