Anstatt den Holocaust zu politisieren, hätte Israel seine Bemühungen darauf konzentrieren sollen, die historische Verbindung der Juden zu diesem Land zu verdeutlichen.
Israel wird ständig – zu Unrecht – wegen Völkermordes, Aushungerung, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberungen und Kindermordes verurteilt. Solche Anschuldigungen werden sowohl von sogenannten Freunden und langjährigen Feinden als auch von den üblichen Verdächtigen, den NGOs und natürlich den Vereinten Nationen erhoben. Diese Verurteilungen stammen direkt aus dem Drehbuch der Holocaust-Umkehrung.
Jeder weiss, dass die verbotene Terrororganisation für die oben aufgeführten Verbrechen verantwortlich ist, warum wird Israel dafür diffamiert – für genau dieselben Verbrechen, die zwischen 1933 und 1945 von Deutschland und seinen Komplizen gegen das jüdische Volk begangen wurden?
Auch wenn Israel einen Krieg verloren hat, nämlich den Propaganda- und Meinungskrieg, muss es etwas geben, das den kollektiven Willen des liberalen Westens und seiner Medien dazu gebracht hat, lieber einer terroristischen Organisation zu glauben als der einzigen Demokratie im Nahen Osten, einer Region, die nicht gerade für die Einhaltung von Menschenrechten, Gleichberechtigung der Geschlechter oder den Schutz von Minderheiten bekannt ist. Diejenigen, die am 7. Oktober 2023 diese verabscheuungswürdigen Taten begangen haben, wussten ganz genau, dass der sogenannte liberale Westen zwar von ihren Handlungen angewidert sein würde, sie aber die internationale öffentliche Meinung leicht manipulieren und sich selbst als Opfer statt als Täter darstellen könnten – eine Umkehrung der Wahrheit.
Manchmal gelang ihnen das auch. Uno-Generalsekretär Antonio Guterres, der gewohnheitsmässige Verleumder Israels, behauptete in einer berüchtigten Äusserung, dass «die Angriffe der Hamas nicht in einem Vakuum stattfanden». In der Denkweise der Betroffenen hatte Israel, der jüdische Staat, 80 Jahre lang die ultimative Opferkarte gespielt. Als Opfer hatten sie die kollektive Schuld der Mitgliedstaaten des kürzlich neu gegründeten Völkerbundes geweckt, der 1947 in Vereinte Nationen umbenannt worden war, um am 29. November desselben Jahres die historische Resolution zu verabschieden, die die Gründung des Staates Israel als Teil des Teilungsplans ermöglichte. Dabei, so wird behauptet, sei der Preis für die Gründung des Staates Israel von den Arabern bezahlt worden, die gewaltsam aus ihrem Land vertrieben worden seien. Dies ist in der «Katastrophe» verankert, die sie «Nakba» nennen und die die Vereinten Nationen seit 1949 manipuliert, indem sie der UNRWA, einer alternativen Flüchtlingsagentur, ihre Glaubwürdigkeit verleihen, die seitdem wie ein Damoklesschwert über Israel schwebt und nicht nur die Opferrolle der Araber, sondern auch ihr Recht auf Rückkehr fördert.
Es ist nicht schwer zu verstehen, warum die Uno mit der eingebauten Stimmgewalt der Bewegung der Blockfreien Staaten den Staat Israel als eine in Sünde geborene Nation betrachtet.
Die Tatsache, dass fünf arabische Nachbarstaaten dem jungen Staat den Krieg erklärt und ihn überfallen haben, scheint aus der Geschichte getilgt worden zu sein – ähnlich wie die ethnische Säuberung von 850 000 Juden, die nach der Gründung des Staates Israel in den Ländern der Arabischen Liga lebten, nie anerkannt wurde.
Die Urgrosseltern der Menschen, die heute in Gaza und Teilen des Westjordanlands leben, wurden von den einfallenden arabischen Armeen aufgefordert, das Land zu verlassen und zurückzukehren, sobald die Juden ins Meer getrieben worden seien. Auch diese Tatsache wird in der öffentlichen Darstellung geflissentlich verschwiegen. Jeder, der sich einigermassen mit den Fakten auskennt, weiss das bereits. Warum also sind wir in eine solche Lage geraten? Liegt es daran, dass Israel sein moralisches Kapital in den Augen derer, die den Krieg als einen Kampf zwischen Opfern und Unterdrückern sehen wollen, in der Denkweise der liberalen Elite und ihrer begleitenden Medien-Echokammer aufgebraucht hat?
Bezeichnenderweise hat Israel diese Vorstellung bewusst gefördert, indem es das Land als Produkt des Holocaust darstellte, anstatt endlich anzuerkennen, dass die Juden das indigene Volk unserer alten, von Gott gegebenen Heimat sind. Statt zu betonen, dass das schreckliche Unrecht, das den Juden in der Antike von den Babyloniern, Griechen, Römern und anderen angetan wurde, nun wiedergutgemacht werden könnte, indem man den Juden ihr Land zurückgibt.
Durch die Politisierung des Holocaust hat Israel die Täter, Mittäter und Zuschauer der dunkelsten Stunde Europas ständig an ihre kollektiven Taten und Unterlassungen erinnert. Israel hätte in den letzten 80 Jahren besser daran getan, sich darauf zu konzentrieren, die historische Verbindung der Juden zu diesem Land aufzuzeigen.
Stattdessen befördert Israel ausländische Diplomaten und Beamte nach Yad Vashem, um ihnen in der Halle der Erinnerung ihre Ehre zu erweisen. Solche Gelegenheiten hätte man besser für Besuche der Klagemauer oder der Höhle der Patriarchen nutzen können, die als identifizierbare Beweise für die Wahrhaftigkeit der Bibel und die Legitimität der jüdischen Souveränität gelten. Tatsächlich ist die jüdische Souveränität in einem Land, das einst Teil des Kalifats war, die eigentliche Ursache für 140 Jahre muslimischer Ablehnung. Der Krieg, der nun schon fast zwei Jahre andauert , ist nur eine Fortsetzung dieser Ablehnung in ihrer extremsten Form. Israel muss sich fragen, wie relevant es heute noch ist, das Mantra «Nie wieder» zu wiederholen, wenn es in der Lebenszeit von 220 800 Holocaust-Überlebenden erneut geschehen ist.
Angesichts von so viel Hass und Bösem, welchen Wert hat die Holocaust-Aufklärung in ihrer derzeitigen Form? Haben die unzähligen weltweiten Bildungsprogramme das Verständnis für den Holocaust verbessert? Haben solche Bildungsprogramme weitere Völkermordkriege verhindert? Hat diese Aufklärung dazu geführt, dass Länder mit unterschiedlichem Grad an Mitschuld offen die Verbrechen ihrer Grosselterngeneration bekennen? Leider sind die Antworten auf all diese Fragen bestenfalls vernachlässigbar und schlimmstenfalls «nein».
Noch wichtiger ist, dass Israels «moralisches Kapital» – ein Begriff, der uns in einem zutiefst beunruhigenden Artikel von Lord Jonathan Sumption, einem ehemaligen Richter am Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs, im «New Statesman» vorgeworfen wurde – nun aufgebraucht ist und die Wahrheit gegen den jüdischen Staat verdreht wird, wie wir täglich sehen können.
Julian Wood ist unabhängiger Forscher zum Thema Politik der Holocaust-Erinnerung.
zur lage in israel
22. Aug 2025
Die Politisierung des Holocaust rächt sich
Julian Wood