basel 17. Okt 2025

Den Konflikt nicht importieren

Im Rahmen der Kunstaktion des Third Space in Basel sitzen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sich auf Stühlen gegenüber und schauen einander in die Augen, anstelle zu reden.

Der neu gegründete Verein «Third Space» veranstaltet am 9. Dezember eine Kunstaktion zum Israel-Palästina-Konflikt auf dem Basler Theaterplatz.

Im Rahmen der Kunstaktion, die von dem Verein Third Space organisiert wird, sollen sich die Teilnehmer in zwei einander gegenüberstehende Stuhlreihen setzen. Dabei ist jeder Stuhl ein bisschen kürzer, sodass er nicht gerade ist. Im Hintergrund sind die Namen der Opfer des 7. Oktobers 2023 und des Krieges in Gaza zu hören. Den Verein leiten der jüdische Extremismusexperte Samuel Althof und die schweizerisch-jemenitische Politologin Elham Manea von der Universität Zürich als Co-Präsidium.

«Es geht um das Erleben der Spannungsfelder. Im Idealfall sitzen Israelis Palästinensern gegenüber, ohne zu sprechen», erklärt Althof. «Es geht nicht darum, politische Lösungen zu finden, sondern um gegenseitige Empathie. Wir sitzen einander gegenüber, wir sehen einander – mehr nicht.» Dabei handelt es sich um ein altes psychotherapeutisches Konzept, das von der Künstlerin Marina Abramović in der Performance «The Artist is Present» im New Yorker Museum of Modern Art eingesetzt wurde.

Raum für Empathie statt Lösungen
«Unsere Idee entstand als Reaktion auf die tiefe Polarisierung, die nach dem Massaker vom 7. Oktober und dem verheerenden Krieg in Gaza entstanden ist», erklärt Manea. «Third Space wurde geschaffen, um einen gemeinsamen Raum zu bieten – einen Raum, der Menschen verbindet, statt sie zu trennen –, in dem sich jüdische, muslimische und andere Gemeinschaften in der Schweiz in Empathie, Dialog und gegenseitigem Verständnis begegnen können.»

Laut Althof verzichtet Third Space auf den Anspruch, eine Lösung für den Konflikt zu finden. Im Fokus steht stattdessen die Frage: Was brauchen wir hier in der Schweiz, um den Frieden und das Konzept der Gegenseitigkeit zu bewahren? «Was wir gerade brauchen, ist, miteinander durch gemeinsame Gefühle wie Hilflosigkeit, Trauer und Sehnsucht nach Stabilität verbunden zu sein. Wir können nicht über Argumente verbunden bleiben, sondern über Emotionen und Empathie.» Ohne diese Verbundenheit befinde man sich laut Althof in einem pathologischen Prozess. «Der gesunde Zustand ist, dass es uns nicht egal ist, wie es der anderen Seite geht.» Althof praktiziere dies auch in seinem Privatleben und nannte als Beispiel ein Gespräch zwischen ihm und einem palästinensischen Freund: Sechs Stunden lang habe er diesem Freund zugehört, als er ihm von seiner Lebensrealität und den damit verbundenen Herausforderungen erzählte, ohne über politische Lösungen zu diskutieren. Althof beschreibt das Projekt als «Prävention gegen Radikalisierung». «Wenn ich mit dem anderen verbunden bin, kann eine Radikalisierung eher nicht stattfinden.»

Keine Angst vor Diskussionen
Obwohl sich der Verein nicht mit Lösungen beschäftige, scheue er sich nicht davor, den Konflikt selbst zu thematisieren, erklärt Manea. «In öffentlichen Diskussionen und Podien setzen wir uns mit seiner Komplexität und den unterschiedlichen Perspektiven und Herangehensweisen auseinander. Jede und jeder von uns tut dies auch in seiner eigenen Rolle. In meinem Fall geschieht dies als Wissenschaftlerin und als arabischsprachige Meinungsautorin.»

Nachdem Manea einen Artikel auf der arabischsprachigen Medienplattform «Muwatan» über Third Space veröffentlicht hatte, hat sie positive sowie negative Reaktionen von arabischen Leserinnen und Lesern erfahren. Althof berichtet von bisher überwiegend positiven Reaktionen – sowohl aus jüdischen als auch aus muslimischen Communitys. Wie eine solche Kunstaktion zu diesem empfindlichen Thema verlaufen wird, wird sich am 9. Dezember im Theater zeigen.

Uri Binnun