Felix Liatowitsch über 100 Kreuzworträtsel, die Kunst des Rätselmachens und den Teufel im Detail.
tachles: Herr Liatowitsch, Sie haben gerade das 100. Kreuzworträtsel für tachles abgeliefert. Was bedeutet Ihnen dieses Jubiläum?
Felix Liatowitsch: Als ich vor einigen Jahren begann, hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal dreistellig werde. Das ist schon Anlass zu etwas Genugtuung.
Sie waren Anwalt, Präsident der Israelitischen Gemeinde Basel und des CC-SIG; was prädestiniert Sie aber zum Rätselmacher?
Meine Traumberufe wären Kabarettist oder Schriftsteller gewesen. Erstere Neigung konnte ich vor Gericht etwas ausleben. Jedenfalls sind Sprache und Humor Treiber in meinem Leben. Das kann man beim Kreuzworträtselkreieren gut anwenden.
Wo liegen beim Rätselmachen die grössten Freuden – und die grössten Schwierigkeiten?
Ich beginne mit dem Positiven – das passt zwar gar nicht zu mir (lacht) – aber: Ich mache das einfach wahnsinnig gerne. Ich bin Ihnen auch dankbar, dass Sie mir die Freiheit gegeben haben, nach dem Wirken meines verehrten Dodi Pugatsch etwas Eigenes zu entwickeln. Es gibt Momente, die sind einfach schön: Wenn ich spazieren gehe und mich Worte überfallen, die in den Rahmen (zweimal 14 und zweimal 11 Buchstaben) passen und zum Beispiel auch noch irgendeine Aktualität aufweisen. Nun zu den Schwierigkeiten: Am Anfang hatte ich Mühe damit, einfach so ins Leere hinaus und ohne Reaktionen aus dem Leserkreis zu produzieren. Schwierig, wenigstens für mich, ist zudem, immer wieder jüdische Bezüge zu finden, die das tachles-Rätsel doch etwas von anderen unterscheiden sollten.
Arbeiten Sie eher nach dem Prinzip «Form bestimmt den Inhalt» oder umgekehrt?
Ganz klar: Die Form steht am Anfang. Nur ganz selten kommt zuerst der Inhalt.
Fehlerlosigkeit ist ein Grundelement für Rätsel. Wie sichern Sie diese ab?
Das ist vielleicht die grösste Schwierigkeit. Seit über zwei Jahren habe ich in der Person von Klara Obermüller eine gestrenge Kontrollinstanz. Sie löst mein Rätsel aber derart rasend schnell, dass auch ihr einmal ein Fehler durch die Lappen gehen kann. In solchen Fällen erhalte ich dann übrigens eher die ersehnte Reaktion aus dem Leser- und Löserkreis.
Was hören Sie sonst als Hauptkritik?
Am häufigsten höre ich: «Viel zu kompliziert!» (Lacht). Dann sage ich immer: Das stimmt doch nicht. Der Witz eines Kreuzworträtsels ist, dass man relativ rasch von einer Frage zur nächsten eilt, bis man ein erstes zutreffendes Wort gefunden hat; dann entstehen Kreuzungen, und plötzlich fügt sich alles zusammen.
Ihr Vorgänger Dodi Pugatsch hat über 20 Jahre Rätsel für den Verlag gemacht. Wie unterscheiden sich Ihre beiden Stile?
Er war ein sehr humorvoller Mann, bei seinen Rätseln war er allerdings sehr seriös. Ich hingegen nehme das Leben und das Rätselmachen nicht immer ganz so seriös. Konkret versuche ich, ins Rätsel ab und zu auch etwas Lustiges einzubauen. Auch technisch gesehen war Dodis Ansatz ein anderer, er arbeitete mit dem sogenannten Schwedenrätsel, bei dem die Buchstaben des Lösungsworts mit Ziffern versehen und im Gitter verstreut sind. Ich hingegen folge meinem grossen Vorbild Trudy Müller-Bosshard, der legendären Rätsel-Autorin des «Magazins» des «Tages-Anzeigers»: Das Lösungswort muss danach aus Buchstaben zusammengesetzt sein, die sich aus der Rätsel-Wortabfolge ergeben – das macht es schwieriger, ist aber für mich Ehrensache.
Wie gehen Sie mit dem ständigen Wandel der Sprache um – Gendern, neue Rechtschreibung, Dudenänderungen, Computergenerierte Sprache?
Das ist für mich kein grosses Thema. Ich schaue einfach, wie man das entsprechende Wort aktuell schreibt, und halte mich daran. Schwieriger sind die inhaltlichen Fragen. Meine Bildung ist bloss eine Halbbildung (lacht). Aber das reicht, um zusammen mit Google zu einem akzeptablen Resultat zu gelangen – auch wenn mich die neue KI-Funktion bei Google eher ärgert als mir hilft.
Nun endet mit Rätsel Nummer 100 die erste «Staffel». Was planen Sie für die Zukunft, haben Sie Anregungen?
In meinem Alter plant man nicht mehr, sondern ist dankbar, wenn es noch für eine Weile funktioniert. Nicht so toll finde ich die immer gleichen Preise, die zu gewinnen sind; vielleicht genügt, dass man den Namen von drei Ausgelosten publiziert. Alle halben Jahre könnte man einen Sonderpreis vergeben.
Was für ein Preis schwebt Ihnen da vor?
(Lacht.) Eine Begegnung mit mir.