Jerusalem 20. Jul 2025

Wachsende Spannungen zwischen Israel und Christen

Mike Huckabee kritisiert Israel
US-Botschafter Mike Huckabee kritisiert das Vorgehen des israelischen Innenministeriums gegen christliche Organisationen. 

Visa-Streit und Siedlergewalt unter Kritik

Die Beziehungen zwischen Israel und der internationalen christlichen Gemeinschaft stehen vor einer ernsten Belastungsprobe. Zwei aktuelle Entwicklungen sorgen für Empörung unter Kirchenführern und politischen Verbündeten: Die zunehmende Verweigerung von Arbeitsvisa für evangelikale Geistliche sowie anhaltende Angriffe jüdischer Siedler auf christliche Gemeinden im Westjordanland.

Huckabee kritisiert Israel
Der amerikanische Fernsehprediger und ehemalige Gouverneur von Arkansas, Mike Huckabee, derzeit auch US-Botschafter in Israel, hat in einem ungewöhnlich scharfen Brief an Israels Führung das Vorgehen des Innenministeriums gegen christliche Organisationen kritisiert. Seit Monaten würden Geistliche und Mitarbeiter vorwiegend evangelikaler Gemeinden bei der Visavergabe systematisch behindert, viele langjährige Partnerorganisationen erhielten keine Genehmigungen mehr für ihre Mitarbeiter.
Huckabee, ein prominenter Unterstützer Israels und Sprachrohr der evangelikalen Bewegung in den USA, sprach von einer „feindseligen Behandlung“ und warnte, dass sich dies negativ auf die traditionell enge Beziehung zwischen israelischer Regierung und ihren christlichen Verbündeten auswirken könnte. Er kündigte an, öffentlich auf die Entwicklung aufmerksam zu machen und über mögliche Konsequenzen im bilateralen Reiseverkehr nachzudenken, sollte sich die Situation nicht zeitnah verbessern.
Besonders betroffen sind Missionswerke wie die Baptist Convention of Israel und die Assemblies of God, deren Tätigkeiten seit Jahren eng mit Israel verbunden sind. Nach neuen internen Richtlinien werde jede Visaanfrage mit langen Fragebögen, Überprüfungen und inoffiziellen Ermittlungen versehen – ein Verfahren, das viele als willkürlich und diskriminierend empfinden. Das israelische Innenministerium weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer administrativen Umstellung, die keinerlei feindliche Absicht verfolge.

Christen im Westjordanland unter Druck
Zeitgleich wächst der internationale Druck auf Israel, die zunehmende Gewalt jüdischer Siedler gegen christliche Einrichtungen im Westjordanland konsequenter zu ahnden. In Taybeh, dem letzten rein christlichen Dorf in der Region, kam es in den vergangenen Wochen zu Angriffen militanter Siedler: Felder wurden verwüstet, Häuser und heilige Stätten in Brand gesteckt. Die orthodoxe Kirche St. Georg, ein bedeutendes Symbol christlicher Präsenz in Palästina, wurde beschädigt.
Eine hochrangige Delegation von Kirchenoberhäuptern und Diplomaten reiste am Wochenende nach Taybeh, um Solidarität zu zeigen und Schutzmaßnahmen zu fordern. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen die Kirchenführer von gezielten Einschüchterungsversuchen, um christliche Gemeinden zur Aufgabe ihrer angestammten Heimat zu bewegen. Die israelische Regierung wird darin aufgefordert, ihrer Schutzpflicht gegenüber Minderheiten nachzukommen und die Täter strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, warnte vor einem „stillen Exodus“ der Christen aus der Region. Die stetig wachsende Gewalt, gepaart mit institutioneller Untätigkeit, führe bei vielen Familien zu der Entscheidung, das Land zu verlassen.

Eine Beziehung auf dem Prüfstand
Die beiden parallel verlaufenden Entwicklungen – bürokratische Hürden für christliche Geistliche und fehlender Schutz bedrohter Kirchengemeinden – werfen aus Sicht vieler Beobachter ein beunruhigendes Licht auf Israels aktuelle Politik gegenüber christlichen Gruppen. Besonders in den USA, wo evangelikale Kirchen als unverzichtbare politische und finanzielle Unterstützer Israels gelten, wächst das Unverständnis.
Auch europäische Kirchenvertreter und diplomatische Beobachter bewerten das zunehmend restriktive Vorgehen als riskant. In einer Zeit, in der Israel immer stärker auf internationale Rückendeckung angewiesen ist, könnte eine Entfremdung von christlichen Verbündeten schwerwiegende Folgen haben – nicht nur symbolisch, sondern auch politisch.
Israels Regierung steht nun unter Druck, konstruktiv auf die Kritik zu reagieren, Transparenz herzustellen und das Vertrauen der christlichen Gemeinschaft im In- und Ausland wiederherzustellen. Ob Protestbriefe und kirchliche Appelle auf offene Ohren stoßen, bleibt abzuwarten. Die Signale der letzten Wochen lassen Zweifel aufkommen.

Redaktion