Trotz Ausladung durch die Uni Bern hat Amnesty International am Montag ein Palästina-Podium mit UNO-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese durchgeführt.
Knapp 400 Personen besuchten den Anlass in einem privat geführten Eventlokal. Der Anlass mit Albanese und Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard sollte ursprünglich in Räumlichkeiten der Uni stattfinden. Doch die Hochschule nahm ihre Zusage kurzfristig zurück mit der Begründung, die Ausgewogenheit sei nicht gewährleistet.
Amnesty fand darauf eine andere Räumlichkeit im selben Quartier. Die Besucherinnen und Besucher mussten sich im Vorfeld registrieren, der Name der Lokalität wurde nicht öffentlich bekanntgegeben. Beim Einlass wurden die mitgeführten Gegenstände kontrolliert, wie ein Korrespondent von Keystone-SDA berichtete.
Albanese wurde mit grossem Applaus begrüsst. Die Universität sei sich vielleicht nicht bewusst, was ihre Rolle sei, sagte sie. Als Uno-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage in den besetzten palästinensischen Gebieten habe sie den Auftrag, die Vorkommnisse aus Sicht des Völkerrechts zu bewerten.
Die italienische Juristin wirft Israel Kriegsverbrechen und Völkermord vor, zuletzt auch in einem Bericht, den sie 2024 dem Uno-Menschenrechtsrat vorlegte. Die israelische Regierung hält ihr vor, sie wolle das Existenzrecht Israels infrage stellen.
"Es geht darum, was das Völkerrecht sagt, und das ist sehr klar", sagte Albanese in Bern. Sie schaue sich die Fakten an und mache dann Empfehlungen. Es sei nicht ihre Rolle, Mitgliedstaaten zu gefallen oder Anschuldigungen gegen Mitgliedstaaten zu erheben. Doch Empfehlungen wirkten mitunter wie Anschuldigungen.
Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard sagte an dem Podiumsgespräch, sie sei "verdammt wütend", dass sie schon wieder dieselbe Geschichte erzählen müsse. Aber "wir werden nicht aufhören, ein Ende dieses Genozids zu fordern - koste es, was es wolle."
Amnesty kritisierte am Montag erneut das Verhalten der Uni Bern. Diese habe hin und her laviert, den Veranstaltern am Schluss nur zehn Minuten für ein neues Konzept gegeben und dann die Pressemitteilung mit der Absage verschickt, sagte Alexandra Karle, Geschäftsleiterin der Schweizer Sektion.
Das Recht auf freie Meinungsäusserung sei ein Grundrecht. Dafür setze sich Amnesty weltweit ein. Es sei schade, dass die Debatte nicht an einer Schweizer Hochschule möglich gewesen sei. "Aber wir lassen uns nicht mundtot machen."
Ein zweites Palästina-Podium mit Callamard und Albanese ist am Donnerstagabend in Genf geplant.