USA – Politik 15. Jul 2025

Trump im Epstein-Strudel

Jeffrey Epstein im Jahr 2005.

Skandal um den Missbrauchs-Täter und die Justiz.

Weder das Chaos um Zölle noch die brutalen Razzien auf tatsächliche oder mutmassliche «illegale Migranten» hat Trump zumindest unter seinen MAGA-Getreuen solches Ungemach verschafft, wie die neue Aufregung um Jeffrey Epstein. Vorige Woche hatte «Axios» vermeldet, das von Trump-Loyalisten geführte FBI und die ihm ergebene Justizministerin Pam Bondi seien zu dem Befund gekommen, dass Epstein sich selbst im August 2019 in Untersuchungshaft in Manhattan das Leben genommen habe. Vor allem aber gebe es unter dem Berg von Papieren zu dem Fall keine «Klientenliste». Die MAGA-Welt fiel aus allen Wolken. 

Denn Bondi selbst, aber auch die heutigen FBI-Spitzen Kash Patel und Dan Bongino hatten in ihrer Zeit als rechte Hetzer und Verschwörungstheoretiker endlos über einen von «Deep State»-Monstern an Epstein verübten Mord und eine explosive Liste prominenter Kumpane des Finanziers beim massenhaften Missbrauch minderjähriger Frauen schwadroniert. Nun soll all dies plötzlich nicht mehr stimmen. Bongino liess durchsickern, er sei in die Entscheidung über die Erklärung nicht involviert gewesen und diese habe Bondi allein zu verantworten. Angeblich denkt er an eine Kündigung. 

Während Getreue wie Steve Bannon und Laura Loomer gegen Bondi agitieren, nach Sonderermittlern rufen oder irgendein Machtwort Trumps fordern, erscheint der Präsident ebenso genervt, wie ratlos über die Affäre. Versuche auf Social Media, die Sache kleinzureden, schlagen fehl. Loomer hält ihm vor : «Ich glaube nicht, dass ein Beitrag auf Truth Social allein dieses Problem lösen wird.» Je mehr Trump sich dazu einlasse, desto grössere Aufmerksamkeit gewinne das Thema (Link).

Tatsächlich wecken Trumps Versuche eines Themenwechsels den Hunger von Medien und Influencern, die einmal mehr längst bekannte Bilder von Trump mit Epstein und jungen Frauen aus dem letzten Jahrhundert zirkulieren. Damit steht die grosse Frage im Raum, auf die auch Elon Musk anspielt: war Trump irgendwie in die Missbrauchs-Verbrechen Epsteins involviert?

Darüber streiten die Fachleute. So zeichnet Tina Brown als ehemalige Chefredakteurin von «Daily Beast» auf Substack noch einmal die Recherchen der Plattform zu Epstein im Jahr 2010 nach, die den hundert- wenn nicht tausendfachen Missbrauch des Finanziers an minderjährigen Mädchen im ganzen Umfang bekannt gemacht haben. Teil des Skandals war laut Brown, dass Epstein damals und wohl auch danach mächtige Beschützer hatte, deren Namen sie gleichwohl nicht nennt. Trump habe sich jedoch nie an Minderjährigen vergriffen, er sei daran nicht interessiert gewesen (Link). 

Hier widerspricht Michael Wolff, der Trumps Zeit als Präsident seit 2017 mit drei Inside-Bestsellern begleitet hat. Der Journalist behauptet, Epstein habe ihm nach 2016 Fotos von Trump aus seinem Safe vorgelegt, die ihn mit «oben ohne»-Minderjährigen auf seinem Schoss sitzend zeigen. Weitere Aufnahmen sollen ihn anschliessenden mit Flecken auf der Hose abbilden. Bilder oder sonstige Beweise hat Wolff indes nicht präsentiert. Inzwischen hat sich zudem Alan Dershowitz als ex-Anwalt von Epstein (und später Trump) in die Debatte eingeschaltet. Er behauptet, es gebe sehr wohl eine «Klientenliste» und weitere, brisante Dokumente. Doch diese würden von Gerichten unter Verschluss gehalten (Link).

Jedenfalls erscheint die Affäre als die erste Aufregung der zweiten Trump-Präsidentschaft, die er nicht selbst angezettelt hat – und zumindest vorerst nicht unter Kontrolle bekommt.

Andreas Mink