Am Gedenkanlass in Bern zwei Jahre nach dem 7. Oktober sprach Israels Botschafter über den Mut der Generation Z.
«Wir dachten, die Generation Z sei mit sozialen Netzwerken und sich selbst beschäftigt. Doch am 7. Oktober 2023 stellten sie sich gegen einen massiven Feind, zeigten Mut und Entschlossenheit. Hunderte von ihnen sind gefallen. Und wir sahen: Diese Generation ist nicht unsere Schwäche, sondern unsere Stärke und Hoffnung.» Mit diesen Worten zeigte sich Tibor Shalev Schlosser, Israels Botschafter in Bern, am Donnerstag (9. Oktober 2025) vorsichtig optimistisch anlässlich einer Gedenkfeier zwei Jahre nach dem 7. Oktober.
Zur Feier im Berner Menuhin-Forum eingeladen hatten gemeinsam Keren Hajessod und Gesellschaft Schweiz-Israel. Für die Rednerinnen und Redner aus der Schweiz stand besonders die massive Zunahme an antisemitischen Vorfällen im Vordergrund. Ständerätin Marianne Binder-Keller, Co-Präsidentin der Parlamentarischen Freundschaftsgruppe Schweiz-Israel, berichtete etwa, wie der Bruder einer Hamas-Geisel zu Besuch ins Bundeshaus kam. Statt der zu erwartenden Empathie schlug dem Besucher Kritik an Israel entgegen. «Wir waren fassungslos.» Das Muster setze sich fort: «Demonstrationen richten sich allein gegen Israel und ignorieren die dezentrale Vernichtungsstrategie der Hamas.» Jüdische Gruppen und Einrichtungen würden für Israel abgestraft: «Niemals darf jüdische Identität unter Kritik gestellt werden für die Regierungsbeschlüsse eines Staates.»
Auf den weltweiten Wettstreit der Narrative zum 7. Oktober ging Geschichtsprofessor Jacques Ehrenfreund von der Universität Lausanne ein. Der Sohn von Schoah-Überlebenden und Spezialist für jüdische Geschichte skizzierte die Ereignisse aus jüdischer Perspektive als genozidales Massaker, als Trauma, das nicht nur Israel, sondern die ganze jüdische Welt erschüttert hat. Dass die genozidale Absicht von Hamas und anderen islamistischen Gruppen auch ausserhalb Israels Geltung hat, habe soeben der Anschlag auf die Synagoge in Manchester an Jom Kippur gezeigt.
Derweil sei es der palästinensischen Seite gelungen, das Bild des „Widerstands“ gegen eine angebliche „Kolonialmacht“ aufzubauen. Die Auslöschung Israels werde als «Befreiung» von einem angeblichen «Genozid» an den Palästinensern präsentiert. Den Universitäten kämen bei der Verbreitung dieser postkolonialen Narrativs eine besondere Bedeutung zu.
Dass Hochschulen als Hochburg des Antisemitismus dienen, bestätigte auch Historiker und Publizist Simon Erlanger, Lehrbeauftragter an der Universität Luzern. «Dies war bereits zwischen 1890 und 1930 der Fall» (mit Bezug auf die Rassentheorien Anm. d. Red.), nun geschehe Ähnliches mit einem postkolonialen Diskurs. Besonders ausgeprägt sei dies an der Universität Lausanne. Falls der Krieg in Gaza nun tatsächlich beendet werden sollte, sei offen, ob die Welle des Antisemitismus nun zurückgehe. Vorsichtig optimistisch zeigte sich Erlanger für Israel, weniger zuversichtlich für die Schweiz: In der dritten und vierten Generation nach der Schoah sei viel Unsagbares wieder salonfähig geworden.
«Seit dem 7. Oktober bin ich ein halber Mensch», erzählte Israels Botschafter Tibor Shalev Schlosser. «Nicht nur ich. Ganz Israel und viele Juden weltweit. Warum ist das geschehen? Israel ist entstanden, um solches zu verhindern.» Die Erinnerung an «diesen ungeheuren Tag» sei gleichzeitig mit der Hoffnung verknüpft, dass die Geiseln zurück kommen. «Diese Hoffnung möchten wir jetzt beibehalten.»