Paris 28. Dez 2025

Rechtspopulist Bardella bereitet Kandidatur in Frankreich vor

Rechtspopulist Jordan Bardella hätte gemäss Umfragen gute Chancen bei der französischen Präsidentschaftswahl. 

Er hat sein Studium abgebrochen, nie in der freien Wirtschaft gearbeitet und ist besessen davon, sein Image zu kontrollieren: Der 30 Jahre alte Rechtspopulist Jordan Bardella führt derzeit Umfragen für die französische Präsidentschaftswahl an - ohne zu wissen, ob er überhaupt antreten wird. 

Seine Kampagne läuft längst auf vollen Touren, auch wenn es sich bei seinen Wahlkampfterminen bisher offiziell nur um Signierstunden für sein jüngstes Buch handelt.
Das Buch mit dem Titel «Was die Franzosen wollen» ist im Fayard-Verlag herausgekommen, der zum Imperium des Milliardärs Vincent Bolloré zählt. Dieser investiert viel, um französischen Rechtspopulisten den Weg an die Macht zu ebnen.
Auch Bardellas erstes Buch wurde von Fayard verlegt - eine Autobiographie mit 324 Seiten für damals 29 Lebensjahre. Auf dem Einband des zweiten Buches trägt er Anzug und Krawatte und sitzt an einem gediegenen Schreibtisch. Bei seinen Buchvorstellungen im ganzen Land bilden sich häufig lange Schlangen - die in den Zeitraffer-Videos seines PR-Teams noch länger erscheinen als sie wirklich sind.
Seine politische Ziehmutter Marine Le Pen, Fraktionschefin des Rassemblement National (RN), kommt in dem Buch mit einem knappen Absatz weg - auch ein Zeichen dafür, dass Bardella sich zunehmend von ihr emanzipiert. Die Entscheidung, wer für den RN ins Rennen zieht, hängt vor allem davon ab, ob Le Pen im März in einem Berufungsverfahren wegen Veruntreuung von EU-Geldern freigesprochen wird. Falls nicht, will sie Bardella den Platz überlassen - das hat sie öffentlich gesagt.
Bardella übt sich daher im Spagat, einerseits Le Pen seine Treue zu demonstrieren - und andererseits seine eigene Kandidatur vorzubereiten.
Dabei besteht seine Strategie vor allem darin, politisch nicht anzuecken und das Image des aufstrebenden Politstars zu pflegen. Sein früherer Kommunikationsberater Pascal Humeau hatte sich nach eigenen Worten das Ziel gesetzt, «aus einer leeren Hülse einen sympathischen Fascho zu machen».
Auf Tiktok, wo Bardella - in dem Umfeld atypisch - meist im Anzug auftritt, hat er inzwischen 2,3 Millionen Follower. Die bekommen etwa ein Video zu sehen, wo seine ehemalige Grundschullehrerin voller Stolz verkündet, sie habe es immer schon gewusst, dass sie «einen künftigen Präsidenten» unterrichtet habe.
Inhaltlich bleibt Bardella bislang auffallend vage. «Er hat ein echtes Talent, zu überspielen, dass er zur extremen Rechten zählt», urteilt die Zeitung «Libération». Er verkörpert das, was Le Pen seit Jahren betreibt: die «Entteufelung» der von ihrem rechtsextremen, antisemitischen Vater Jean-Marie Le Pen gegründeten Partei - die damals noch Front National hiess.
Es scheint eine Ironie des Schicksals, dass der Erfolg ihres Konzepts darin besteht, dass Le Pen am Ende zusehen muss, dass nicht sie, sondern ihr politischer Zögling die Früchte ernten könnte.
Bardella «entteufelt» unterdessen gezielt weiter. Im März reiste er nach Israel und besuchte die Schoah-Gedenkstätte Yad Vashem - als Vertreter einer Partei, dessen Gründer die Gaskammern der Nazis noch als «Detail der Geschichte» abtat.
Aber der RN hat längst andere Feindbilder, in erster Linie muslimische Migranten. Einwanderer und die EU sind für Bardella willkommene Sündenböcke, die er für zahlreiche Missstände verantwortlich macht. Dabei spielt er hin und wieder auch auf die rechtsextreme Verschwörungstheorie eines angeblich bevorstehenden «Bevölkerungsaustausches» in Europa an.
Sollte Bardella tatsächlich der nächste französische Präsident werden, wäre dies ein politisches Erdbeben für Europa - und wohl auch das Ende der deutsch-französischen Freundschaft. Aber bis zur Präsidentschaftswahl sind es noch anderthalb Jahre - und weder bei den Rechtspopulisten noch in den anderen Blöcken steht fest, wer überhaupt antreten wird.
 

Redaktion