Katar soll Geheimdienstfirma beauftragt haben, mutmassliches Missbrauchsopfer von IStGH-Chefankläger zu diskreditieren.
Ein hochrangiges katarisches Regierungsbüro steht laut britischen Medien im Verdacht, eine Privatfirma beauftragt zu haben, um die Glaubwürdigkeit einer Frau zu untergraben, die dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, sexuellen Missbrauch vorwirft. Die Londoner Firma sollte offenbar auch eine Verbindung der Frau zu Israel konstruieren – ohne Erfolg.
Das enthüllt der «Guardian» unter Berufung auf Ermittlungsunterlagen und Insider. Die Agentur Highgate Intelligence und die kleinere Firma Elicius Intelligence erhielten demnach den Auftrag, im Vorfeld von Khans Rücktritt im Mai 2025, umfassende private Informationen über die mutmassliche Betroffene sowie ihre Familie zu beschaffen. Dazu gehörten Passdaten, Zugangscodes, private E-Mail-Adressen und sogar Details zu Flugreisen und der Geburt ihres Kindes, die laut Bericht auch über das Darknet beschafft wurden.
Das Ziel der Operation war laut Quellen, die Frau zu diskreditieren und sie mit Israel in Verbindung zu bringen. Ein solcher Zusammenhang konnte jedoch nicht bestätigt werden. Die beteiligten Ermittler sprachen in der Kommunikation stets nur allgemein von einem «Kundenland» oder «Q-Land». Laut «Guardian» haben sich Vertreter von Highgate sogar direkt mit dem Umfeld von IStGH-Chefankläger Khan getroffen. Highgate selbst bestätigte lediglich, in eine Untersuchung im Umfeld des Strafgerichtshofs involviert gewesen zu sein, streitet aber ab, im staatlichen Auftrag oder gezielt gegen Einzelpersonen gehandelt zu haben. Eine Recherche zum Kind der Frau wurde als «unrichtig» bezeichnet.
Das katarische Aussenministerium wies die Vorwürfe als Teil einer «koordinierten Kampagne» zurück und betonte, viele Medien hätten die angeblich «falsifizierten Informationen» nicht veröffentlicht, da sie nicht belegbar seien. Doha sprach von gezielten Diffamierungen im Zusammenhang mit der katarischen Vermittlerrolle im Nahen Osten und verweist auf jüngst gescheiterte US-Klagen gegen Qatar Charity, die wegen mangelnder Beweise abgewiesen wurden.
Karim Khan war im Frühjahr 2025 als Chefankläger des IStGH zurückgetreten, nachdem gegen ihn Vorwürfe des sexuellen Fehlverhaltens und des Machtmissbrauchs laut geworden waren. Zugleich geriet er international in die Kritik, nachdem der IStGH Haftbefehle gegen Israels Premierminister Binyamin Netanyahu und Ex-Verteidigungsminister Yoav Gallant erlassen hatte. Der Vorwurf: Sie hätten im Gaza-Krieg Verbrechen angeordnet. Israel weist dies zurück. Ebenso wurden Haftbefehle gegen drei ranghohe Hamas-Funktionäre ausgestellt, die inzwischen getötet wurden.
Laut «Guardian» und internationalen Medien ist der Fall Teil einer breiteren Kontroverse um die Integrität und die Unabhängigkeit internationaler Strafverfolgungsorgane. Während Khans Umfeld die Affäre teilweise als pro-israelische Kampagne abtat, bestreiten Quellen im IStGH eine gezielte Inszenierung aus Israel und sehen vielmehr internationale politische Einflussnahme am Werk.