Paris 27. Sep 2025

Georg Stefan Troller ist tot

Der Journalist und Zeitzeuge Georg Stefan Troller.

Die Journalistenlegende hat im Mai im Magazin aufbau  sein letztes ausführliches Interview  publiziert.  

Er hat etwa 2'000 Interviews geführt und mehr als 170 Filme gedreht. Sein "human touch", den er als erster in das deutsche Fernsehen einführte, machte Georg Stefan Troller zu einer Reporterlegende. Nun ist der Journalist, Dokumentarfilmer, Drehbuchautor und Schriftsteller im Alter von 103 Jahren gestorben, wie seine Tochter Fenn Troller in Paris mitteilte. Troller ging es immer um Menschen und ihre Schicksale, gleich ob bekannte oder unbekannte Menschen, ob grosse oder kleine Lebensgeschichten. In seinen Reportagen ging er an die Grenzen des journalistisch Möglichen: Er tastete sich an die Menschen heran, über die er berichtete, fragte sie aus, ohne sie vorzuführen, trat in ihr Leben, ohne sie blosszustellen. Ein unverkennbarer Stil, der ihn zum Vorbild ganzer Journalistengenerationen werden liess.
Troller wurde am 10. Dezember 1921 in Wien in eine jüdische Pelzhändlerfamilie geboren. 1938 flüchtete seine Familie vor den Nazis zunächst in die Tschechoslowakei, dann nach Frankreich und von dort in die USA.
Im Jahr 1943 wurde er von der US-Armee zum Kriegsdienst eingezogen, nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann er dort Theaterwissenschaft zu studieren, ehe er dank eines Stipendiums im Jahr 1950 an die Sorbonne nach Paris kam. Dort fand er seine Berufung als Kulturkorrespondent und Fernsehreporter. Seine Karriere begann er in den 60er Jahren mit der Sendung "Pariser Journal" im Westdeutschen Rundfunk mit prominenten und weniger prominenten Gästen aus der französischen Hauptstadt. Später setzte er sie mit der ZDF-Sendereihe "Personenbeschreibung" fort, die mit psychologischen Porträts von Menschen unterschiedlichster Herkunft neue Massstäbe im Fernsehen setzte.  Sein letztes ausführliches Gespräch gab Troller im Magazin Aufbau das im bei der JM Jüdischen Medien AG erscheint.
Der Berliner Publizist Andreas Öhler hat für die Spezialausgabe des aufbau zu 80 Jahren Befreiung Europas seit  Sommer 2024 Wolf Biermann und Georg Stephan Troller bei Begegnungen in der Normandie, Paris, Berlin oder Hamburg begleitet und die Gespräche der Zeitzeugen über ihre Erlebnisse – und ihr Überleben – im Krieg und danach aufgezeichnet. Die Unterhaltung beginnt am 80. Jahrestag des D-Day in Trollers «Sommerhütte» in der Normandie, dem Schauplatz der alliierten Landung am 6. Juni 1944. Dieser Tag hatte für beide folgenschwere, wenn auch ganz unterschiedliche Bedeutung (Link).

Redaktion