Boualem Sansal in Algerien zu Haft verurteilt.
Der französisch-algerische Schriftsteller Boualem Sansal, der aus einer jüdischen Familie stammt, ist in Algerien zu fünf Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Ein Berufungsgericht in Algier bestätigte das bereits im März verhängte Urteil gegen den 80-Jährigen. Sansal, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, war unter anderem wegen «Untergrabung der nationalen Einheit» und «Beleidigung der Armee» angeklagt.
Wie das jüdische Wochenmagazin tachles berichtet, spielt Sansals jüdische Herkunft im Kontext seiner Verfolgung durch das algerische Regime eine besondere Rolle. Das Regime nahm ihm insbesondere übel, dass er nach Israel gereist war und dort den Kontakt zu israelischen und palästinensischen Intellektuellen gesucht hatte. In der Berichterstattung wird zudem auf antisemitische Untertöne in der Anklage und öffentlichen Debatte verwiesen.
Hintergrund des Verfahrens ist ein Interview mit einem französischen Medium, in dem Sansal die marokkanische Sicht auf den Grenzverlauf zwischen Algerien und Marokko während der Kolonialzeit unterstützte. Die algerischen Behörden werfen ihm vor, damit die nationale Einheit und Sicherheit des Landes gefährdet zu haben.
Die französische Regierung kritisierte das Urteil scharf und forderte Algerien auf, einen «Akt der Gnade» zu zeigen. Auch zahlreiche Intellektuelle und Menschenrechtsorganisationen sehen in dem Verfahren einen Angriff auf die Meinungsfreiheit. Sansal selbst betonte, er habe lediglich seine Meinung geäussert und nicht beabsichtigt, Algerien zu schaden.
Sansals Anwalt rät ihm, das Urteil zu akzeptieren, um auf eine mögliche Amnestie zu hoffen. Beobachter verweisen darauf, dass der algerische Präsident traditionell zum Nationalfeiertag Gnadenerlasse erteilt und Sansals Alter sowie sein Gesundheitszustand berücksichtigt werden könnten. Der Fall belastet die Beziehungen zwischen Algerien und Frankreich und rückt die Menschenrechtslage in Algerien erneut in den Fokus.