Die Unbeugsame der Hörbiger-Dynastie 21. Mai 2025

Elisabeth Orth ist tot

Elisabeth Orth als Dorfschullehrer in «Die letzten Tage der Menschheit» bei den Salzburger Festspielen im Jahr 2014. 

Unbequem und wahrheitsliebend hat sich Elisabeth Orth ihr ganzes Leben lang präsentiert. 

Als Schauspielerin mit grosser politischer Ader engagierte sich die ältere Schwester von TV-Star Christiane Hörbiger immer wieder für Toleranz und Bürgerrechte. Ihre eigentliche Bühne aber war jahrzehntelang das Wiener Burgtheater, dem sie seit Anfang 2015 als Doyenne vorstand. Dieser Ehrentitel ist die höchste Auszeichnung der renommierten Bühne. Am Samstag ist die Wienerin mit 89 Jahren gestorben.
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen würdigte Orth als herausragende Schauspielerin. "Und sie war durch ihr humanitäres Engagement ein leuchtendes Beispiel für den Einsatz für eine gerechtere Welt", fügte er hinzu.
Der Weg aus dem langen Schatten ihrer berühmten Eltern, den Schauspielern Paula Wessely und Attila Hörbiger, war nicht leicht. Die Wienerin legte bewusst den grossen Nachnamen ab, nahm den Familiennamen ihrer Grossmutter mütterlicherseits an und absolvierte die Ausbildung am renommierten Max-Reinhardt-Seminar. Es folgten erste Auftritte in Wien. Aber schnell zog es sie nach Deutschland, um sich fernab der omnipräsenten Eltern einen Ruf zu erspielen.
In der Zeit am Bayerischen Staatsschauspiel München begann ihr politisches Engagement zu keimen. Eine jüdische Regieassistentin warf Orth damals vor, sie wisse über nichts Bescheid. Daraufhin begann sie ihre "Wissensreise", um den Vorwurf nicht auf sich sitzenzulassen. "Sozialisiert wurde ich unter Willy Brandt, das war mein Anschauungspolitiker, in München von Franz Josef Strauss", so Orth einmal zur Tageszeitung "Die Presse".
Auf der Bühne fiel Orth mit ihrer starken Präsenz, ihrer markanten Stimme und ihrem Charaktergesicht auf. Ihr kurzes graues Haar und ihre einprägsamen Falten zeigte sie stets, statt sie zu kaschieren. Sie selbst bezeichnete sich mit trockenem Humor als "Vorkriegsware". Orth, die als Schauspielerin nahezu alle wichtigen Frauenrollen verkörpert hat, waren Allüren und Skandale fremd. Ihre Engagements waren weniger massentauglich als die ihrer jüngeren Schwester Christiane Hörbiger, doch darauf legte sie es auch nicht an.
Als "bestimmende Lichtgestalt und Hohepriesterin der Burg" beschrieb sie der ehemalige Direktor des Wiener Burgtheaters, Klaus Bachler, einst. Ihre letzte Premiere feierte sie dort 2017 im kapitalismuskritischen Stück "paradies fluten" von Thomas Köck. "Das Haus trauert um Elisabeth Orth, eine der prägendsten Stimmen unseres Ensembles", schrieb der derzeitige Theaterdirektor Stefan Bachmann in einem Nachruf. "Sie wird der Burg und dem deutschsprachigen Theater fehlen."
Dabei hätte Elisabeth "Lilabeti" Orth, benannt nach Kaiserin Elisabeth, nach Wunsch der Eltern eigentlich Filmcutterin werden sollen. Sie selbst zog es zur Schauspielerei und "raus aus dem Zuckertöchterldasein", wie sie der Zeitschrift "Profil" einmal erzählte.
Im Laufe ihres Lebens setzte sie sich vehement gegen Rassismus und für Flüchtlinge ein. Sie war Präsidentin der "Aktion gegen den Antisemitismus" und Mitinitiatorin der "Demokratischen Offensive". Sie protestierte gegen eine österreichische Präsidentschaftskandidatin der rechten FPÖ und mahnte stets Solidarität an. "Antisemitismus ist wie eine Giftschlange. Sie hebt immer irgendwo ihren Kopf", sagte sie der Tageszeitung "Kurier".

Redaktion