USA 20. Aug 2025

80 Rabbiner fordern «moralische Klarheit»

Gaza-Bewohner erhalten eine Hilfslieferung am vergangenen Dienstag.

Ein offener Brief, von führenden modern-orthodoxen Rabbinern, unterscheidet sich von früheren Appellen dadurch, dass er die Hamas ausdrücklich verurteilt, ohne jedoch zu einem Waffenstillstand aufzurufen.

Die Rabbiner fordern die israelische Regierung auf, „alles Notwendige zu tun, um eine Massenverhungern der Bevölkerung zu verhindern“. Dabei betonen sie, dass die Verbrechen der Hamas die moralische Verantwortung Israels nicht aufheben: „Hamas’ Sünden und Verbrechen entbinden die israelische Regierung nicht von ihrer Verpflichtung, jede Anstrengung zu unternehmen, um Massenverhungern zu verhindern.“
Zugleich warnen die Unterzeichner vor einer gefährlichen Verallgemeinerung des Hasses: „Die berechtigte Wut auf die Hamas hat sich bei einigen Extremisten gefährlich ausgeweitet – hin zu einem allgemeinen Misstrauen gegenüber der gesamten Bevölkerung Gazas, einschliesslich der Kinder, die als zukünftige Terroristen gebrandmarkt werden.“ Ebenso verurteilen sie die Zunahme extremistischer Siedlergewalt im Westjordanland, die zu zivilen Opfern und zur Vertreibung palästinensischer Dorfbewohner geführt habe.
Die meisten Unterzeichner wirken in Bildungseinrichtungen oder wohltätigen Organisationen; nur wenige haben leitende Gemeindeämter inne. Ihre Stimme hat dennoch Gewicht, da die Orthodoxie traditionell als stärker national(aus)gerichtet und weniger kritisch gegenüber der israelischen Regierung gilt. Viele Orthodoxe unterstützen Israel durch Auslandsdienst in der Armee oder Einwanderung („Aliyah“).
Rabbi Yosef Blau, Initiator des Schreibens und langjähriger Rabbiner am renommierten Yeshiva University-Seminar, erklärt: „Meine Unterstützung für Israel und den Zionismus gründet auf meinem Bekenntnis zum Judentum. Eine unkrtische Loyalität widerspricht der für das Judentum grundlegenden Selbstreflexion.“ Auch weitere prominente Rabbiner, darunter die Oberrabbiner von Polen, Dänemark, Norwegen sowie der ehemalige Oberrabbiner Irlands, zählen zu den Unterzeichnern.
Abschliessend appelliert der Brief an die jüdische Gemeinschaft, den Wert von Gerechtigkeit und Mitgefühl, wie ihn das Judentum fordert, auf alle Menschen auszudehnen—unabhängig von Politik oder Situation. 
 

Redaktion