Letzte Woche wurde in Amsterdam erstmals Cristiano Giuseppe Lidartis hebräisches Oratorium «Esther» in moderner Zeit öffentlich aufgeführt. Die Veranstaltung fand im Rahmen zweier Jubiläen statt: 350 Jahre Portugiesische Synagoge Amsterdam und zehn Jahre jüdische Musik im Concertgebouw, organisiert von der Stiftung Jewish Music Concerts. Lidarti, 1730 in Wien geboren, war Schüler des Opernkomponisten Niccolò Jommelli und bewegte sich im Umfeld musikalischer Grössen wie Padre Martini und Charles Burney. Sein Oratorium basiert auf demselben Libretto wie Händels «Esther», ist jedoch vollständig in Hebräisch vertont. Die Partitur galt lange als verschollen und wurde erst 1998 vom Musikwissenschaftler Israel Adler in der Universitätsbibliothek Cambridge wiederentdeckt. Die Musik ist lebendig, festlich und reich an dramatischer Wirkung, mit deutlichen Parallelen zur musikalischen Sprache des jungen Mozart. Die Amsterdamer Aufführung präsentierte eine gekürzte Fassung von rund 75 Minuten, aufgeführt von einem Barockensemble unter der Leitung von Imri Talgam am Cembalo. In den Hauptrollen überzeugten Countertenor Maayan Licht als Esther und Bariton Ian Pomerantz als Haman. Ergänzt wurde das Ensemble durch Itamar Hildesheim, Michal Bitan, Daniel Keinan und Lidor Ram Mesika. Das begeisterte Publikum reagierte mit Applaus nach fast jeder Arie und jedem Chor, ganz im Stil des 18. Jahrhunderts. Die Premiere war ein voller Erfolg und lässt auf eine künftige vollständige Aufführung von «Esther» hoffen.
Amsterdam
20. Jun 2025
Wiederentdeckung von Esther

Emily Langloh