Tuval Haim 03. Okt 2025

Trauer in Musik

Für Tuval Haim war Musik immer mehr als ein Hobby, sie war die Sprache zwischen ihm und seinem jüngeren Bruder Yotam. Nach dessen Ermordung am 7. Oktober 2023, als Yotam nach einer Geiselnahme und wochenlanger Gefangenschaft in Gaza versehentlich von israelischen Soldaten erschossen wurde, stand Tuval vor einem Abgrund. Zunächst legte er die Instrumente weg, unfähig zu spielen. Doch schliesslich entschied er, den gemeinsamen Traum nicht aufzugeben: ein Album zu schaffen, das Yotams Stimme weiterträgt. So entstand «Achim» («Brüder»), ein neunteiliges Werk, das Schmerz, Hoffnung und Heilung miteinander verwebt. Tuval finanzierte das Projekt selbst, investierte über 30 000 Dollar und holte renommierte Künstler wie Berry Sakharof und Ester Rada hinzu. Besonders bewegend ist, dass er Originalaufnahmen von Yotams Stimme und Schlagzeugspiel in die Lieder einarbeitete, teils mithilfe von KI. «Es ist nicht mein Album, es ist unseres», sagt er. Tuval beschreibt die Arbeit an «Achim» als einen Prozess des Überlebens. Musik, die schon in der Kindheit sein Zufluchtsort war, wurde für ihn erneut zu einem Raum der Stärke. «Es geht nicht um die Tragödie, sondern um Yotams Heldentum», betont er. Auf der Bühne will er nun Videos seines Bruders einblenden und so das Gefühl schaffen, noch einmal gemeinsam aufzutreten. Der 33-Jährige, einst Yotams «Bodyguard», sieht sich auch heute in dieser Rolle: Er schützt das Andenken seines Bruders, mit Tönen, die Schmerz verwandeln und Menschen verbinden. «Achim» ist sein Weg, Yotams Geschichte im Licht zu erzählen und sie zu einem Vermächtnis für andere werden zu lassen.

Emily Langloh