Michel Bergmann 10. Jan 2025

Mameleben

Alle seine Berufe haben mit dem Entwickeln von Geschichten zu tun, ob als Journalist am Anfang seiner Karriere, ob als Drehbuchautor, Regisseur, Filmproduzent oder Schriftsteller. Multitalent Michel Bergmann gehört zu den authentischsten Betrachtern jüdischer Nachkriegsgeschichte in Deutschland. Seine emotionale Intelligenz, die Gefühlslage von Schoah-Überlebenden zu verstehen, gepaart mit jüdischem Humor und Gespür für Timing und Dialoge, begründete 2010 den Erfolg seiner Roman-Trilogie, beginnend mit «Die Teilacher», eine jiddisch-berlinerische Bezeichnung für klinkenputzende Handelsvertreter, gefolgt von «Machloikes» (jiddisch «Streitigkeiten») und «Herr Klee und Herr Feld». Auch wenn die Geschichten in Frankfurt spielen, beschreiben sie den Umgang der «scherit hapleita», des Restes der Geretteten, miteinander und mit den sie umgebenden Gojim, wie er überall gewesen sein dürfte: innerlich gebrochen und doch wild entschlossen, das Leben zu meistern, mit Selbstironie und Chuzpe. In der Erzählung «Alles was war» über seine eigene Kindheit und Jugend sowie in «Mameleben oder das gestohlene Glück», der Geschichte seiner Mutter, wird dieser Gefühlsstrudel einmal mehr ganz persönlich deutlich. Bergmann, am 6. Januar 1945 als Kind internierter jüdischer Flüchtlinge in Riehen bei Basel geboren, wuchs in Paris und Frankfurt auf. In der Banken-Metropole ist auch seine inzwischen schon drei Bände umfassende Krimi-Reihe «Der Rabbi und der Kommissar» angesiedelt. Derzeit arbeitet er gemeinsam mit seinem Sohn Emanuel – ebenfalls erfolgreich als Schriftsteller – an einem Drehbuch zur Vorbereitung einer Verfilmung. Todernstes mit Humor zu kombinieren, ist eine Spezialität von Vater und Sohn.

Ellen Presser