Der Eurovision Song Contest in Basel ist vorüber – der Grossevent verlief friedlich, übrig bleibt dennoch eine Diskussion um Antisemitismus.
Die Erleichterung auf allen Seiten war spürbar, als die Verantwortlichen des Eurovision Song Contests (ESC) Anfang der Woche ihre Bilanz präsentierten. Nicht nur die Zahlen scheinen den Erwartungen zu entsprechen – immerhin waren mehr als eine halbe Million Menschen zu Gast in Basel. Auch die Sicherheit konnte gewährleistet werden. Abgesehen von einigen Störaktionen seitens der propalästinensischen Demonstrierenden verlief die Grossveranstaltung «ohne gewalttätige Zwischenfälle», wie die bikantonale Einsatzorganisation bilanziert. Während der gesamten ESC-Woche kam es vermehrt zu unbewilligten Kundgebungen, an denen ein Ausschluss Israels vom Song Contest gefordert wurde (tachles online berichtete).
Zeichen gegen Antisemitismus setzen
Regierungsrätin und Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann (LPD) sagt zu tachles: «Ich bin froh, dass wir noch eine Lösung für die Kundgebung gegen Antisemitismus gefunden haben. Es war sehr wichtig, dass auch jene eine Kundgebung durchführen können, die sich um eine Bewilligung kümmern. Es war zudem ein Ausgleich zu den anderen Kundgebungen von propalästinensischer Seite.» Vor dem zweiten Halbfinale kamen auf dem Münsterplatz rund 100 Personen zusammen, um friedlich ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen. «Ich war immer in engem Kontakt mit der jüdischen Community wie auch mit der israelischen Botschafterin, und die Polizei stand in Kontakt mit der israelischen Delegation», so Eymann. «Wir haben die Rückmeldung erhalten, dass diese sich nie unsicher in Basel gefühlt haben. Dieser sehr enge Kontakt war auch aufgrund der aktuellen Weltlage wichtig. Uns allen war bewusst, dass der ESC ein immenser Anlass mit einer grossen Belastung für die Sicherheit war», sagt die Sicherheitsdirektorin.
Positive Bilanz
Nun fällt die Anspannung offensichtlich etwas ab. Und der ESC hat neben Sorgen auch zu Jubel innerhalb der jüdischen Gemeinschaft geführt: Denn die israelische Sängerin Yuval Raphael erreichte nach dem österreichischen Sänger und ESC-Sieger JJ den zweiten Platz. Möglich machten dies 297 Stimmen aus dem Publikumsvoting (der diesjährige Rekord). Raphael erhielt für ihren Song «A New Day Will Rise» auch grossen Beifall vom Basler Publikum, aber nicht nur. Insgesamt 19 Länder gaben Israel beim Publikumsvoting 10 Punkte oder mehr, die Schweiz gab Raphael sogar die höchstmögliche Punktzahl (12).
Im Anschluss an den internationalen Musikwettbewerb zieht auch die Israelitische Gemeinde Basel (IGB) nun ein positives Resümee. Dies, obgleich «besorgniserregende Vorfälle» bei vielen Menschen in der IGB zu Recht Entsetzen und tiefes Unbehagen ausgelöst hätten, wie die Gemeinde in einer Medienmitteilung schreibt. Darin zeigt sich die Gemeinde erleichtert darüber, dass die zunächst aus Sicherheitsgründen abgelehnte Standaktion gegen Antisemitismus schliesslich friedlich auf dem Münsterplatz stattfinden konnte: «Als jüdische Gemeinschaft mit langer Tradition und tiefen Wurzeln in dieser Stadt stehen wir für eine offene Gesellschaft und respektvollen Dialog. Zugleich erwarten wir klar und unmissverständlich, dass öffentliche Meinungsäusserungen frei von Hass und Hetze bleiben – unabhängig von ihrer politischen oder kulturellen Motivation», heisst es.
Stefanie Eymann will sich nach der ESC-Woche nicht zurücklehnen. Sie sagt: «Retrospektiv freut mich das Feedback aus der jüdischen Gemeinschaft, aber wir müssen auch nach dem ESC dranbleiben. Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches und nicht nur ein polizeiliches Problem, an dem wir gemeinsam arbeiten müssen.» Nach dem ESC ist also vor dem ESC.
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