BASEL 18. Jul 2025

Ein Eruv als Standortvorteil für Basel?

Der aktuelle Plan für einen Eruv in Basel.

In Basel gibt es erneute Pläne für einen Eruv in der Stadt – der unabhängige Verein Eruv möchte das Baugesuch bereits diesen Sommer eingeben.

Manhattan, Boston, Amsterdam oder Wien haben einen, in Zürich entsteht er gerade: Nun plant auch Basel – ein weiteres Mal – einen Eruv. Bereits 2018 gab es ein Vorhaben, das aber wieder auf Eis gelegt wurde und 2022 wurden Stimmen laut, die sich für eine symbolische Grenze innerhalb der Stadt stark machten (vgl. tachles 20/22).

Baueingabe diesen Sommer
Laut jüdischem Religionsgesetz ist es Jüdinnen und Juden am Schabbat nur erlaubt, Gegenstände innerhalb des privaten Bereichs zu tragen. Das gilt beispielsweise auch für das Schieben eines Kinderwagens, Rollstuhls oder Rollators. Der Eruv ist eine symbolische Umzäunung eines Stadtgebiets, die es Jüdinnen und Juden erlaubt, innerhalb dieses definierten Gebietes zu tragen und die genannten Gegenstände zu benutzen. Diese symbolische Grenzziehung kann für die jüdische Gemeinschaft von grosser Bedeutung sein, da sie den Alltag am Schabbat erheblich vereinfacht.

Der Verein Eruv Basel hat nun ein neues Projekt für das Erstellen eines Eruvs in Basel entwickelt und plant noch in diesem Sommer eine Baueingabe. Das Projekt sieht vor, für den Verlauf des Eruv weitgehend bestehende Strukturen wie Gebäude und Mauern auf der Grossbasler Seite zu nutzen. Lücken, etwa durch Strassen, werden mit minimalen baulichen Massnahmen überbrückt, beispielsweise durch vorhandene oder ergänzte Kabel und vertikale Markierungen. Diese Eingriffe sollen sich in das Stadtbild einfügen und unauffällig sein.

Inhärent urban
Verantwortlich für das aktuelle Eruv-Projekt ist der unabhängige Verein Eruv mit seiner Präsidentin Aisha Paloma Braun, Ronald Fried und dem Kassier Gabriel Ullmann. Der Verein hat das Projekt im vergangenen Jahr aufgenommen. Auf die Frage, warum das Projekt aus dem Jahr 2018 nicht weiterverfolgt worden sei, sagt Fried: «Das frühere Projekt war zu komplex und hätte sehr viele Bewilligungen von privater Seite benötigt. Die baulichen Massnahmen des aktuellen Projekts liegen hingegen fast alle im Allmendbereich.»

Für die meisten Menschen bleibt die symbolische Grenzziehung im Stadtbild unsichtbar und ist daher nicht störend oder gar einengend. Der Basler Autor Manuel Herz sagte 2022 zu tachles: «Sie ist also eine symbolische Grenze, ohne Ab- oder Ausgrenzung zu sein. Da sie zusätzliche Bewegungsfreiheiten und zusätzliche Bedeutungsebenen dem städtischen Raum hinzufügt, verstärkt sie das Miteinander in der Stadt. Ich würde den Eruv als inhärent urban bezeichnen.»

Fragen an den Regierungsrat
Der Verein hat bereits politische Unterstützung: GLP-Grossrat Johannes Sieber hat am Dienstag eine schriftliche Anfrage «betreffend die Erstellung eines Eruv im Kanton Basel-Stadt» eingereicht. Darin schreibt er unter anderem: «Ein Eruv erhöht die Mobilität und stärkt die soziale Teilhabe der jüdischen Gemeinschaft.» Sieber sieht in dem Vorhaben auch einen Standortvorteil für Basel, da sich religiöse jüdische Familien eher für eine Stadt entscheiden würden, in der ein Eruv existiert. In Zeiten des Arbeits- und Fachkräftemangels könne dies ein wichtiger Faktor sein. Er möchte daher vom Regierungsrat wissen, ob dieser die Einschätzung teilt, dass der Kanton mit seinen vielfältigen internationalen Beziehungen und humanistischer Tradition dem Erstellen eines Eruv offen gegenüber stehen sollte. Auch möchte er wissen, ob der Regierungsrat einen Eruv auf Kantonsgebiet unterstützt und bereit ist, das Projekt des Vereins Eruv Basel wohlwollend zu prüfen und gegebenenfalls durch unkomplizierte Genehmigungsverfahren und Kooperation mit städtischen Institutionen zu unterstützen. Sieber sagt zu tachles: «Ich möchte mit der schriftlichen Anfrage die Position des Regierungsrats zum Projekt abholen und hoffe auf Wohlwollen. Es ist wichtig, dass der Regierungsrat Ja zu diesem Vorhaben sagt.» Das wäre aus Siebers Sicht nicht nur politisch, sondern auch organisatorisch von Bedeutung, denn da sich das Projekt über mehrere Zuständigkeitsbereiche erstreckt, brauche es eine gute Koordination beim Baugesuchsverfahren. Um das Projekt zu finanzieren, ist der Verein auf Spenden angewiesen, eine finanzielle Beteiligung des Kantons bei der Erstellung des Eruvs ist nicht vorgesehen.

Valerie Wendenburg