das jüdische logbuch 29. Okt 2021

Essen und Leben

Amsterdam, Oktober 2021. Ist Judentum ohne Essen vorstellbar? Natrülich nicht. Das jüdische Essen ist integraler Bestandteil gelebter Kultur und vitaler Gemeinschaften. In jüdischen Zentren in Europa finden sich koschere und jüdische Restaurants. Auch dort, wo wenig Jüdinnen und Juden leben, zum Teil aber noch viel jüdische Geschichte zu finden ist. Die Liste wäre endlos. Auch in Amsterdam im touristischen Zentrum rund um das Grachtenviertel oder in den jüdischen Wohnquartieren der Stadt sind die Angebote von glattkoscher, koscher und «Jewish» Style bis hin zur israelischen Küche vielfältig. Längst haben sich jüdische Gastrounternehmerinnen und -unternehmer von zu strengen Auflagen der Rabbinate gelöst, um ökonomisch zu überleben, suchen sich die Art der Hechscher aus oder verzichten ganz darauf, damit sie etwa an Wochenenden geöffnet haben können. Denn die letztlich erzwungene Ausrichtung auf die orthodoxe jüdische Gemeinschaft und ihre Rabbinate zielt am eigentlichen Markt vorbei. Koscheres Essen muss nicht Essen zweiter Klasse sein, wie in ganz Europa zu sehen ist. Längst allerdings nutzen auch auf Kaschrut reflektierende Gäste neue Angebote von vegetarisch, israelisch-orientalisch bis «milchig-trefe». Vielleicht hat die Schweiz bald keine jüdischen und koscheren Restaurants mehr. Schade für die gelebte jüdische Kultur.

Yves Kugelmann ist Chefredaktor der JM Jüdische Medien AG.

Yves Kugelmann