Das Jüdische Logbuch 14. Feb 2020

Der Antisemit von Thüringen

Paris, Februar 2020. Der Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke ist ein Antisemit. Ein Antisemit ist nicht nur, wer Juden hasst oder ausgrenzt, weil sie Juden sind. Ein Antisemit ist auch, wer den Massenmord an Juden relativiert, gar leugnet und sich die antisemitische NS-Rhetorik zu eigen macht. Björn Höcke ist ein neonazistischer Faschist. Völkische, rassistische Reden im Duktus des in Deutschland verbotenen «Mein Kampf» sind ebenso offen einsehbar wie seine Schriften und sein einschlägiger Werdegang. Wie einst die «Bewegung» aus den 1920er Jahren etabliert Höcke im völkischen AfD-Flügel eine Ideologie, die nicht nur auf den Nationalsozialismus referiert, sondern mit ihm spielt und sich ihn soweit zu eigen macht, wie das innerhalb der deutschen Verfassung möglich ist.

Das Referenzieren auf NS-Ideologien stammt von Höcke selbst. Wer Höcke einen Nazi, Faschisten oder Antisemiten nennt, spricht also eine Tatsache aus, die Höcke selbst etabliert hat. Die Thüringer Scharaden von letzter Woche waren ein Akt legitimier politischer Tricksereien und damit ein fundamentaler Teil der Demokratie. Ebenso fundamentaler Teil der Demokratie ist, dass dagegen reagiert wird, wenn das bessere Argument angeführt werden kann. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in den letzten Jahren in Reden die Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft und die Verantwortung Deutschlands im Umgang mit Geschichte in Worten vorgebracht. Nun hat sie rasch und deutlich gehandelt und die Faschisten die Hintertür in ein deutsches Parlament nicht nehmen lassen. Sie werden es wieder versuchen. Die Le Pens, die Orbáns, die Schönhubers, die Salvinis – sie alle werden es nicht schaffen, solange nicht Schönwetterreden, sondern Taten rauen Windes von Politikern und Zivilgesellschaft Minderheiten schützen, die Verfassungen verteidigen und darüber hinaus einbringen, was weder Gesetz noch Justiz garantieren können: menschliche Vernunft und aufrechte Redlichkeit.

Yves Kugelmann ist Chefredaktor der JM Jüdischen Medien AG.

Yves Kugelmann