Westjordanland 04. Jul 2025

Siedler gegen Soldaten

Im Westjordanland ist es in den vergangenen Tagen zu einer dramatischen Eskalation der Gewalt gekommen. Radikale israelische Siedler griffen zunächst das palästinensische Dorf Kafr Malik nahe Ramallah an, setzten Häuser und Fahrzeuge in Brand und lieferten sich heftige Auseinandersetzungen mit den Bewohnern. Die israelische Armee und Polizei versuchten, die beiden Seiten zu trennen. Bei den Zusammenstössen wurden drei Palästinenser getötet und sieben weitere verletzt. Fünf Siedler wurden festgenommen und der Polizei übergeben. Die Gewalt erreichte eine neue Stufe, als in der Nacht auf Samstag erneut Siedler in Kafr Malik auftauchten und diesmal auch israelische Soldaten attackierten. Dabei wurden Armeefahrzeuge mit Steinen beworfen, ein Reservist gewürgt und es gab Versuche, Soldaten mit Autos zu überfahren. Sechs Israelis, darunter zwei Minderjährige, wurden bei den Angriffen auf die Sicherheitskräfte festgenommen. Auch eine Polizeistation in der Siedlung Beit El wurde verwüstet und mit dem Wort «Rache» besprüht – offenbar als Reaktion auf das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Siedler. Israels Regierungschef Netanyahu und Verteidigungsminister Israel Katz verurteilten die Angriffe auf die eigenen Soldaten scharf. Sie sprachen von der «Überschreitung einer roten Linie» und kündigten an, die Vorfälle umfassend zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Kommandeur der betroffenen Militäreinheit berichtete, dass seine Soldaten inzwischen einen Grossteil ihrer Zeit damit verbringen müssten, gewalttätige Siedler daran zu hindern, weitere Ortschaften anzugreifen. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, wie sehr sich die Lage im Westjordanland zuspitzt: Radikale Siedler schrecken nicht mehr davor zurück, sogar gegen die israelische Armee vorzugehen. Beobachter sprechen von einem Kontrollverlust des Staates über Teile der Siedlerbewegung.

Redaktion