Birgir Thorarinsson 03. Okt 2025

Von Island nach Irak

Fast zweieinhalb Jahre war die israelisch-russische Forscherin Elizabeth Tsurkov in den Händen der schiitischen Miliz Kataeb Hisbollah. Anfang September kam sie nach 903 Tagen frei, und das ohne Lösegeld. An den geheimen Bemühungen beteiligt war auch eine überraschende Figur, der isländische Ex-Parlamentarier Birgir Thorarinsson. Tsurkov, Doktorandin in Princeton, war im März 2023 in Bagdad verschleppt worden, wo sie zu schiitischen Bewegungen forschte. Während sich israelische Stellen zurückhielten, engagierten sich US-Diplomaten, NGOs und Thorarinsson. Über Kontakte in Washington lernte er Tsurkovs Schwester Emma kennen. Bald reiste er selbst nach Teheran und Bagdad, wo er Gespräche mit Diplomaten, Ministern und Beratern hochrangiger Geistlicher führte. Der Durchbruch gelang im Frühjahr 2025: In einem Treffen mit dem einflussreichen schiitischen Politiker Ammar al-Hakim wurde die Forderung der Miliz nach 200 Millionen Dollar Lösegeld fallen gelassen. Ohne diese Entscheidung, so Thorarinsson, wäre eine Freilassung unmöglich gewesen. Stattdessen rückte möglicher Gefangenenaustausch in den Vordergrund. Am 9. September wurde Tsurkov schliesslich in Bagdad freigelassen und über die US-Botschaft nach Israel gebracht. Gegenüber der Zeitung «Times of Israel», der er seine Geschichte exklusiv erzählte, betonte Thorarinsson, dass gerade seine Herkunft den entscheidenden Unterschied gemacht habe: «Ein Isländer aus einem Land ohne Feinde – das hat Vertrauen geschaffen.» Seine stille Diplomatie zeigt, wie internationale Netzwerke jenseits klassischer Kanäle Leben retten können.

Emily Langloh