Mit Jonathan Wittenberg hat einer der ranghöchsten Rabbiner Grossbritanniens am Sonntag im «Observer» seiner «tiefen Sorge um Israel, mein Volk und alles menschliche Leben» Ausdruck gegeben. Wittenberg ist Oberrabbiner der New North London Synagogue und des Masorti-Judentums. Er betont in dem Beitrag, er schreibe in persönlicher Eigenschaft und stellt zunächst fest, die «brutalen und hinterlistig-sadistischen» Angriffe der Hamas am 7. Oktober hätten «die schlimmsten Schrecken der jüdischen Geschichte wiedererweckt». Israel habe allen Grund, darauf zu bestehen, dass die Hamas keine Hilfsgüter stehlen dürfe, und die vollständige Entfernung der Hamas aus Gaza zu fordern: «Aber erhebliche Mengen an Hilfsgütern müssen zugelassen werden. Weder das jüdische noch das humanitäre Recht duldet den Hungertod nicht kombattanter Zivilisten.» Wittenberg räumt ein, dass Israel jüngst erstmals seit Wochen Hilfsgüter nach Gaza hineingelassen hat. Dies sei jedoch nicht ausreichend und die mangelhafte Versorgung sei «nicht nur eine menschliche Tragödie, sondern hat auch einen zutiefst schädlichen Einfluss auf Israels moralisches Ansehen.» Israel leide unter Hass und dies habe «unweigerlich Israels Politik verschärft und leider auch die Herzen verhärtet». Doch dies «entschuldigt nicht die Vorenthaltung von Grundnahrungsmitteln und Medikamenten – nicht nur, wohlgemerkt, durch Israel, sondern auch durch Ägypten und insbesondere durch die Hamas selbst – gegenüber hoffnungslosen, einfachen Menschen, die im Krieg gefangen sind». Ein solches Verhalten beschädige den «guten Ruf des Judentums und widerspricht den jüdischen Werten von Gerechtigkeit und Mitgefühl». Darüber hinaus widerspreche die Vorenthaltung humanitärer Hilfe und von Nahrungsmitteln für Gaza «unseren Lehren aus unserer langen Geschichte als Opfer von Verfolgung und Massenmord».
Jonathan Wittenberg
30. Mai 2025
Kritik

Andreas Mink