Während Israel den Moment der Rückkehr der Geiseln aus Gaza feierte, erlebte der Wirtschaftshistoriker Joel Mokyr einen persönlichen Höhepunkt: Der 79-Jährige erhielt den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2025. Doch wichtiger als die Auszeichnung, sagt er, sei für ihn die Heimkehr der Verschleppten gewesen. «Mein Herz hat sich gefreut, als die Geiseln zurückkamen. Der Preis verblasst dagegen. Nichts ist wichtiger, als unsere Söhne und Töchter heimzubringen.» Mokyr, der seit über 50 Jahren an der Northwestern University in Illinois lehrt, wurde in Israel ausgebildet und versteht sich trotz seines Lebens in den USA als Israeli. «Ich habe einen israelischen Pass und ein israelisches Herz», sagt er. Neben seiner Professur in den USA unterrichtet er regelmässig an der Tel-Aviv-Universität und gilt als einer der einflussreichsten Denker seiner Disziplin. Ausgezeichnet wurde er «für seine Erklärung des innovationsgetriebenen Wirtschaftswachstums». Er beschreibt es so: «Technologie allein reicht nicht. Man muss verstehen, warum sie funktioniert – erst dann entsteht nachhaltiger Fortschritt.» Der Ökonom, bekannt für seine optimistische Sicht auf den menschlichen Erfindergeist, bleibt zugleich politisch wach. Er gehört zu den israelischen Wissenschaftlern, die 2023 vor den wirtschaftlichen Folgen der Justizreform warnten. Zu US-Präsident Donald Trump äussert er sich kritisch, lobt jedoch dessen Abneigung gegen Kriege: «Man muss kein Genie sein, um zu begreifen, dass Krieg dumm ist – aber gut, dass er ihn hasst.» Trotz Nobelpreis bleibt Mokyr bescheiden. «Das ist eine Ehre, keine Frage», sagt er. «Aber am Ende zählt, was uns menschlich verbindet, nicht, was wir gewinnen.»
Joel Mokyr
24. Okt 2025
Ein israelisches Herz
Emily Langloh