Die Fachgruppe Jüdische Studien blickt auf ein aktives Jahr zurück.
«Die Fachgruppe Jüdische Studien lebt, pulsiert, diskutiert, organisiert.» Das sage ich jeweils – man entschuldige die Referenz auf mich selbst – gerne an den Apéros zum Semesterstart im Zentrum für Jüdische Studien (ZJS), wo die Fachgruppe (FG) jeweils einige Minuten für eine kurze Ansprache erhält. Also: Da sind wir. Trotz all den Widrigkeiten, die momentan nicht nur Jüdinnen und Juden entgegentreten, sondern auch Studenten, die sich schlicht für jüdisches Leben interessieren, engagieren, forschen, lernen und lehren. Ja, da sind wir. Wir, die dieses Jahr das Privileg hatten, die Tagung der Theologischen Fakultät der Universität Basel, einer der ältesten ihrer Art nördlich der Alpen, mit zu organisieren und durchzuführen. Ein Highlight und eine enorme Wertschätzung unseres Studiengangs. Zum Thema «Dummheit» durften wir nicht nur unsere Kollegen aus der Theologie begrüssen, sondern auch etliche Gäste wie die Professoren Andrew Shields aus der Anglistik und Marco Vitale aus den Altertumswissenschaften, die den Horizont für die «Dummheit» über theologische Beispiele hinaus öffneten: Über den biblischen Samson, das Schimpfwort «Kürbis», die lyrische Genialität von Taylor Swift oder künstliche Intelligenz machten sich die Studenten der drei Studiengänge Jüdische Studien, Theologie und Religionswissenschaft auf die Suche nach dem Ursprung weltlicher und theologischer Dummheit.
Standhaftigkeit
Durch die enorme Resilienz der Professoren Erik Petry und Alfred Bodenheimer und des ZJS-Teams findet die Lehre jüdischer Geschichte, Religion und Literatur weiterhin statt. Wie gewohnt. Als wäre nichts gewesen. Manchmal fällt dem Studenten auf, dass die eine oder andere Vorlesung doch viel Sicherheitspersonal beansprucht, damit niemandem Übles geschieht. Ehrlich gesagt, und ich schreibe dies als Nichtjude, wir sind es uns mittlerweile gewohnt. So etwa auch bei der Veranstaltung «Der Israel-Palästina-Konflikt: Zentralität und Kontext». Es war ein Versuch der Jüdischen Studien und der Nahostwissenschaften, in einen Dialog zu treten und auf akademischem Niveau verschiedene nationale und internationale Experten zum Konflikt zu Wort kommen zu lassen. Ein Versuch, der letztes Jahr noch kläglich gescheitert war. Aufgrund der Präsenz von rund einem Dutzend Sicherheitskräften konnte die Veranstaltung dieses Semester, ebenfalls im Gegensatz zum letzten Jahr, ohne Störungen durchgeführt werden. Dank den Bemühungen von Alfred Bodenheimer konnte erstmals eine wissenschaftliche Debatte zum Konflikt im Nahen Osten geführt werden. Sachlich, ohne Polemik und besonders wichtig: ohne Antisemitismus.
Florierende Lehre
Aber zurück zu uns: Das studentische Leben an der Leimenstrasse florierte auch im vergangenen Jahr bei Apéros, Grillpartys, Filmabenden (etwa mit dem 2023 erschienenen Film «Golda») und einem Chanukkafest, zu dem auch unsere Kommilitonen aus der Theologie und der Religionswissenschaft eingeladen waren.
Trotz eines noch immer schwierigen Umfelds und Versuchen, uns einzuschüchtern, uns zu isolieren, haben die Studenten am ZJS nicht an Kreativität und Vitalität eingebüsst. Und jedes Mal, wenn man nach uns fragt, freue ich mich zu sagen, trotz all der Widerstände und Angriffe: «Wir sind immer noch da. Und wir bleiben da.»
Serkan Abrecht ist Student am ZJS und Co-Präsident der Fachgruppe Jüdische Studien.