USA – Politik 03. Sep 2025

Jerry Nadler beendet Kongress-Karriere

Der Linksliberale hat über Jahrzehnte einen Wahlkreis in Manhattan vertreten.  

Jerrold «Jerry» Nadler hat nun an einem Interview mit der «New York Times» Spekulationen beendet und den Verzicht auf eine erneute Kandidatur bei den Midterms im November 2026 erklärt. Damit beendet der 78-Jährige eine auf 1992 zurück gehende Karriere im US-Kongress. Nadler hat sich in über drei Jahrzehnten einen Namen als streitbarer, aber auch pragmatischer Linksliberaler erwogen. 

Die «Times» liess er wissen, dass er die Grundlagen der amerikanischen Demokratie durch Trump bedroht sieht. Doch trotz seiner grossen Erfahrung sei es nun an der Zeit, jüngeren Generationen Platz zu machen. Nadler war dabei charakteristisch deutlich: «Die Sache mit Biden zu beobachten, hat wirklich etwas über die Notwendigkeit eines Generationswechsels in der Partei gesagt, und ich möchte das respektieren.» Ein jüngerer Nachfolger könne womöglich mehr leisten und der Nation besser helfen.

Nadler ist der dienstälteste Abgeordnete aus New York und jüdischer Herkunft in der unteren Kongresskammer. Er wurde während der ersten Amtsperiode Trumps ein standhafter Kritiker und war massgeblich an den Amtsenthebungsverfahren gegen ihn beteiligt. Nun wirft er Trump die Einführung einer faschistischen Herrschaft vor. 

Begonnen hat der an einer Jeshiwa erzogene Sohn eines Hühnerzüchters seine Karriere nach einem Studium an der Columbia University während der Vietnam-Ära als Abgeordneter im Staatsparlament. Nadler zählte zu einer Generation junger Linker und bewies seine Eigenständigkeit – und politischen Wurzeln – jüngst durch die Unterstützung von Zohran Mamdani bei den Bürgermeisterwahlen der City. 

Zu Recht stolz ist Nadler auf seinen hartnäckigen Einsatz im Kongress für Bundesmittel zu Wiederaufbau des World Trade Center nach 9/11 vor nun 24 Jahren und die Versorgung der bei den Räumungsarbeiten vergifteten Arbeiter, Polizisten und Feuerwehrleute. Er hat sich zudem erfolgreich für das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehen stark gemacht und trat 2015 für das von Barack Obama ausgehandelte Atomabkommen mit Iran ein. 

Nadler vertritt den Bezirk mit der grössten jüdischen Bevölkerung im Kongress vertritt, war aber auch einer der ersten Demokraten, die Israel für die Kriegsführung in Gaza kritisiert haben: Nadlers Bezirk umfasste zwar lange Teile von Brooklyn mit den dort beheimaten Haredim-Gemeinschaften. Aber sein eigentlicher Beritt war die linksliberale Hochburg Manhattan mit grossen Reform- und unabhängigen Synagogen. Er teilte der «Times» resigniert mit: «Ich weiss nicht, was ich an diesem Punkt noch sagen soll. Ich kann das Verhalten Israels nicht verteidigen.»

Persönlich ginge es ihm jedoch gut. Nadler hat seine Gewichtsprobleme bewältigt und freut sich nun über seinen Hausarzt. Der habe ihm empfohlen, mehr Vanilleeis zu essen: «damit ich mehr Kalzium aufnehme» (Link).
 

Andreas Mink