Stefano Massinis neues Stück «Eichmann – Wo die Nacht beginnt» nähert sich einem der zentralen Täter der Schoah aus ungewohnter Perspektive. Aus Gerichtsprotokollen, historischer Forschung und den Schriften Hannah Arendts entwickelt der Autor einen fiktiven Dialog zwischen Arendt und Adolf Eichmann, einen Austausch, der so nie stattgefunden hat, aber tief in die Frage führt, wie ein Mensch zum Architekten des Massenmords werden kann. Eichmann erscheint hier nicht als Ungeheuer, sondern als erschreckend gewöhnlicher Bürokrat, als selbst ernannter «Ingenieur», der den Mord an Millionen Menschen in Tabellen und Abläufen organisierte. Gerade diese Durchschnittlichkeit verleiht Massinis Text seine Wucht: Das Böse zeigt sich nicht als Ausnahmezustand, sondern als Konsequenz menschlicher Kleinheit, Anpassung und Gedankenlosigkeit. Begleitend zum Stück bietet der Tresorplatz an jedem Vorstellungstag Einblicke in das Leben und Werk Hannah Arendts, kuratiert von Ilinca Purică. Zudem findet zu vielen Vorstellungen eine Einführung statt, die Hintergründe zur Inszenierung und zum historischen Kontext vermittelt. So eröffnet der Theaterabend nicht nur einen Blick auf den Prozess in Jerusalem, sondern auch auf Arendts bis heute herausfordernde Frage: Wo beginnt das Böse und wie lässt es sich erkennen?
Mittwoch, 7. Januar 2026, und Montag, 12. Januar 2026, 20.30 Uhr, VIDMARhallen, Könizstrasse 111, Bern.
www.buehnenbern.ch
Bern
19. Dez 2025
Ingenieur des Bösen
Emily Langloh