BASEL 15. Aug 2025

Integration als Antwort auf Ausgrenzung

Der TC Hakoah erneuert und erweiter den bestehenden Tennisplatz.

Der Tennisclub Hakoah in Basel feiert 100 Jahre jüdische Sportgeschichte und sportliche Erfolge.

Seit Generationen ist der Hakoah Tennisclub (TC) Basel fester Bestandteil des Quartiers, ein Ort zum Spielen, Lachen und Zusammensein. Für viele Basler Jüdinnen und Juden ist er nicht nur ein Tennisclub, sondern ein Stück Heimat. Gegründet als Antwort auf Ausgrenzung, feiert Hakoah in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen – ein Jahrhundert voller Geschichten, sportlicher Erfolge und Wandel und bis heute ein Treffpunkt, an dem Tradition und Offenheit sich die Hand geben.

Von Ausgrenzung zu Erfolg
Die Anfänge des Hakoah TC Basel liegen in einer Zeit, in der Tennis international an Popularität gewann, in Basel jedoch jüdischen Spielerinnen und Spielern der Zugang zu den etablierten Clubs oft verwehrt blieb. Ob dies allein am elitären Charakter der bestehenden Vereine lag oder auch an antisemitischen Vorbehalten, lässt sich heute nicht mehr eindeutig belegen. Sicher ist, dass am 28. April 1925 15 junge jüdische Sportler unter der Leitung von Paul Cahen als Antwort darauf ihren eigenen Tennisclub gründeten. Diese Gründung war ein Zeichen gegen Diskriminierung und Ausdruck einer vom Zionismus und der Idee des «Muskeljudentums» geprägten jüdischen Identität, die körperliche Anstrengung und sportlichen Erfolg als Mittel sah, Selbstvertrauen zu fördern und ein positives Bild des Judentums in der Öffentlichkeit zu vermitteln.

Der neue Club fand rasch Anklang. Bereits drei Wochen nach der Gründung zählte er 50 Mitglieder. Anfangs spielte man auf gemieteten Plätzen an der Gundeldingerstrasse, später im Hirzbrunnenquartier. 1926 eröffnete der Verein im Neubad seine erste eigene Anlage mit drei Plätzen, die schon ein Jahr später um zwei weitere vergrössert wurde. 1930 erfolgte die Aufnahme in den Schweizerischen Lawn-Tennisverband. Diese wurde allerdings nur gewährt, wenn der ursprüngliche Name «Jüdischer Tennisclub Basel» aufgegeben würde. Mit der neuen Bezeichnung «Hakoah», hebräisch für «Die Kraft», blieb der jüdische Bezug erhalten und die Werte von Stärke und Zusammenhalt rückten in den Mittelpunkt.

Die 1930er und 1940er Jahre brachten schwierige Zeiten: Wirtschaftskrise und Zweiter Weltkrieg führten zu einem Mitgliederrückgang, 1941 mussten zwei der fünf Plätze verkauft werden. Dass der Hakoah TC Basel dennoch weiterbestand, lag am Engagement der Mitglieder, die gemeinsam die finanziellen Herausforderungen trugen.

In den 1950er und 1960er Jahren folgte eine sportliche Blütezeit, angeführt von Ruth Kaufmann. Die aus Deutschland geflüchtete Spielerin gewann 18 nationale und zwei internationale Titel, holte 1950 Silber bei der Makkabia in Israel und spielte 1955 ein knappes Finale gegen die damalige Weltranglistenerste Doris Hart. Trotz internationaler Karriere blieb sie ihrem Basler Heimatclub treu. Jahrzehnte später setzte Jessica Anner diese Tradition fort: Sie gewann Gold bei den Europäischen Makkabi-Spielen, erreichte Rang 26 der Schweizer Rangliste und engagiert sich heute im Vorstand für den Hakoah-Nachwuchs.

2007 stand der Club erneut vor dem Aus. Es fand sich kein neuer Präsident und sogar ein Verkauf des Geländes wurde erwogen. Für Joel Guttmann, der bereits von 1978 bis 1989 Präsident des Clubs war, kam das nicht infrage: «Für mich war klar, dass der Hakoah TC nicht eingehen darf, also übernahm ich das Präsidium nochmals.» Er führte den Verein weitere 16 Jahre und trat erst in diesem Jahr – mit 80 Jahren und nach insgesamt 28 Amtsjahren – zurück. Dem Club bleibt er als Ehrenpräsident verbunden. Gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit stellte Guttmann einen neuen Vorstand auf, öffnete den Club für nicht jüdische Mitglieder und stabilisierte die Strukturen. Damit sicherte er den Fortbestand und legte den Grundstein für die weitere Entwicklung.

Erhalt jüdischer Identität
Die wachsende Vielfalt an Mitgliedern gab dem Club sportlich neue Impulse, brachte aber auch Herausforderungen mit sich. Denn Hakoah TC war stets mehr als nur ein Tennisclub. Er war lange Zeit ein Zentrum jüdischen Gemeinschaftslebens in Basel. «Früher war der Club ein Teil des sozialen Lebens hier», erinnert sich Guttmann, der seit seinem 13. Lebensjahr im Club ist. «Wenn wir Grillabende veranstalteten, kamen um die 30 Mitglieder. Und unser Spargelessen in Himmelried lockte einmal 60 Leute an. Heute müsste man 30 Telefonanrufe machen, um zehn Leute zusammenzutrommeln – das schmerzt einen etwas.»

Der Rückgang der Beteiligung hat mehrere Ursachen: Viele jüdische Mitglieder zogen weg, zudem hat Tennis insgesamt an Popularität verloren. Doch Guttmann fällt besonders auf, dass sich viele nicht jüdische Mitglieder weniger stark mit dem Club identifizieren. «Sie kommen einfach, spielen und gehen wieder.» Besonders deutlich sei das bei der Generalversammlung zum Jubiläum gewesen: Abgesehen von zwei Vorstandsmitgliedern habe kein einziges nicht jüdisches Mitglied teilgenommen. Auch sportlich ist die geringere Bindung spürbar: In den Interclub-Teams stehen nur noch wenige jüdische Spielerinnen und Spieler, und oft kennt man sich nicht mehr persönlich. Um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, führte Guttmann einheitliche Club-T-Shirts mit Hakoah-Logo ein: «Damit man erkennt, wer zu uns gehört und die Spieler wissen, für wen sie antreten.»

Francis Anner, der das Präsidium kürzlich von Guttmann übernahm, betont: «Wir freuen uns sehr über diese Mitglieder, aber die jüdische Identität des Clubs soll erhalten bleiben.» Auch er begann mit sechs Jahren im Hakoah Tennis zu spielen. Für ihn bedeutet der Erhalt dieser Identität vor allem, das historische Erbe des Clubs sichtbar zu halten und die Verbindung zur jüdischen Gemeinschaft zu pflegen. «Wir sind völlig säkular, wie der Club es immer war. Die Mitglieder entscheiden selbst, ob sie an Feiertagen spielen oder nicht. Aber uns ist wichtig, dass die Geschichte und die Wurzeln des Clubs nicht verloren gehen.»

Modernisierung
Der Erhalt der jüdischen Identität des Clubs geht einher mit einem klaren Blick in die Zukunft. Unter Guttmanns Leitung wurden die Flutlichtanlagen auf LED-Technik umgerüstet und der zweite Platz zu einem Allwetterplatz umgebaut – ein Projekt im Wert von rund 90 000 Franken, das dank Beiträgen des Swisslos-Fonds und jüdischer Stiftungen vollständig finanziert werden konnte. «Damit sparen wir künftig bei der Instandhaltung und die Saison kann verlängert werden», sagt Guttmann. Langfristig könnte ein zweiter Allwetterplatz folgen. Auch die Erneuerung des Clubhauses steht auf der Agenda; ein Architekturbüro bietet die Planungsarbeit pro bono an. «Sobald die finanziellen Mittel da sind, wollen wir auch diese Modernisierung angehen», so Anner.

Parallel dazu will der neue Präsident den Club wieder stärker ins Bewusstsein der Basler Bevölkerung rücken, sowohl im Quartier als auch innerhalb der jüdischen Gemeinde. Ziel ist es, insbesondere junge Spielerinnen und Spieler für den Tennissport zu gewinnen, offene Vakanzen im Vorstand zu besetzen und durch Sponsoren zusätzliche Einnahmen zu generieren. Zudem soll der Austausch mit anderen jüdischen Sportvereinen, etwa dem Hakoah TC Zürich, intensiviert werden. Sein Ziel ist es, den Hakoah TC als sportlich attraktiven, offenen und zugleich fest in seiner Geschichte verwurzelten Verein in die Zukunft zu führen.

Das Jubiläum wird nun am 24. August mit Apéro, Klezmermusik und einem Grusswort von Guttmann gefeiert. Höhepunkte sind die Präsentation von Elia Gilgens Maturarbeit zur Vereinsgeschichte, die er als langjähriges Mitglied mit grosser Sorgfalt recherchiert hat und die auch für diesen Rückblick eine wertvolle Grundlage war, sowie ein Tennismatch mit Davis-Cup-Sieger Marco Chiudinelli. Für Präsident Anner ist die Feier aber nicht nur ein Rückblick, sondern vor allem ein Auftakt für die kommenden Jahrzehnte: Der Hakoah TC soll sportlich attraktiv bleiben, die Gemeinschaft stärken und seine jüdische Prägung bewahren – als fest verankerter Teil der Basler Stadt- und jüdischen Sportgeschichte, entstanden aus dem Willen zur Selbstbehauptung und getragen von Offenheit und Engagement.

Einladung zur 100-Jahr-Feier mit reichhaltigem Programm. Anmeldung: support@tchakoahbs.ch. In den Ziegelhöfen 145, Basel. Ab 10.30 Uhr.

Emily Langloh