ISRAEL 14. Mai 2025

Trump ermuntert Syrien zur Anerkennung Israels

Donald Trump (links) in Doha am Mittwoch.

Bald ein halbes Jahr nach dem politischen Umbruch in Syrien steuert das Land auf eine mögliche Anerkennung Israels zu. US-Präsident Donald Trump rief den syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa in Riad dazu auf, Israel anzuerkennen.  

Erst am Vorabend hatte Trump überraschend die Aufhebung von US-Sanktionen gegen Syrien verkündet, wo eine Rebellenallianz im Dezember Machthaber Baschar al-Assad gestürzt hatte.
Al-Scharaa habe nun eine «gewaltige Gelegenheit, etwas Historisches für sein Land zu tun», sagte Trump nach Angaben des Weissen Hauses bei dem Treffen, das laut Berichten etwa eine halbe Stunde dauerte. Trump bezeichnete den Islamisten al-Scharaa, der lange die Terrorgruppe Al-Nusra-Front und später die HTS-Miliz geleitet hat, später als «jungen, attraktiven und harten Typen».
Arrangiert hatte es der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, einer der Gastgeber während Trumps mehrtägiger Reise durch die Golfregion. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan schaltete sich telefonisch zu.
Allein die Begegnung eines US-Präsidenten mit einem syrischen Staatschef ist bemerkenswert - zuletzt gab es dieses Format vor 25 Jahren zwischen Bill Clinton und Hafis al-Assad. Danach war ein Treffen dieser Art wegen der brutalen Herrschaft der Assad-Familie lange Zeit völlig undenkbar.
Al-Scharaa, der das Milizenbündnis zum Sturz von Machthaber Baschar al-Assad anführte, bemüht sich um internationale Anerkennung und wurde auch schon von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron in Paris empfangen.
Die Staatsagentur SPA veröffentlichte Bilder, wie ein etwas nervös wirkender al-Scharaa in Riad mit einem Notizbuch in der Hand gemeinsam mit Trump und dem Kronprinzen um eine Telefonanlage sitzt, über die Erdoğan zugeschaltet ist. Al-Scharaa gehörte lange Jahre extremistischen Gruppierungen an und wird von US-Behörden bis heute als Terrorist gelistet. Im Irak hatte er sich dem Terrornetzwerk Al-Kaida angeschlossen, später aber davon losgesagt.
Seit der Staatsgründung Israels 1948 betrachten sich Israel und Syrien als Feinde. Einen offiziellen Friedensvertrag gibt es bis heute nicht, die beiden Nachbarländer bekämpften sich in mehreren Kriegen. Israel eroberte 1967 den syrischen Teil der Golanhöhen und annektierte das Gebiet, was international nicht anerkannt wird und was ein zentraler Streitpunkt bleibt. Trump erkannte das Gebiet 2019 in seiner ersten Amtszeit formell als Staatsgebiet Israels an.
Lange bombardierte Israels Armee Ziele in Syrien, um den Einfluss der vom Iran unterstützten Milizen zurückzudrängen und Versorgungswege zur Hisbollah im Libanon zu kappen. Auch seit dem Sturz Assads, der mit Israels Erzfeind Iran verbündet war, fliegt Israel weiter Luftangriffe in dem Land und hat Truppen in syrisches Gebiet verlegt.
Mit der Flucht Assads haben sich die israelisch-syrischen Beziehungen aber in bedeutender Weise gewandelt. Im Fokus steht dabei al-Scharaa, der sich offen gezeigt hat für eine Annäherung an Israel. Das Verhältnis zu Israel in der syrischen Bevölkerung ist vergiftet, weshalb al-Scharaa und seine Minister es vermeiden, den Namen des Landes öffentlich überhaupt zu erwähnen. Kritik an Israel kommt - wenn überhaupt - verhalten und in diplomatischen Tönen.
Schrittweise entwickelt sich ein neues Verhältnis, in dem beide Staaten ihren dauerhaften Zustand der Feindseligkeiten beenden könnten. Dafür müsste Syrien auch den besonderen Status der drusischen Minderheit im Land anerkennen, für dessen Schutz sich Israel einsetzt. Anhaltende Kämpfe in Syrien sowie Gewalt etwa gegen die Drusen zeigen, dass das Land von echter Stabilität und einem friedlichen Zusammenleben weit entfernt ist.
Seitdem kürzlich bekannt wurde, dass es indirekte Gespräche zwischen Syrien und Israel gibt, hat Israels Aussenminister Gideon Saar Berichten zufolge erstmals versöhnliche Töne gegenüber Syriens neuer Regierung angeschlagen. Israelwünsche sich gute Beziehungen zum Nachbarland, zitierte die «Times of Israel» Saar bei einer Pressekonferenz in Jerusalem. Zuvor hatte Saar unter anderem «die pure Bösartigkeit der Dschihadisten» kritisiert.
Etwa 30 von weltweit knapp 200 Staaten haben keine diplomatischen Beziehungen zu Israel, die meisten davon sind mehrheitlich muslimisch. In der arabischen Welt unterhielten lange Zeit nur Ägypten und Jordanien Beziehungen zu Israel, 2020 folgten unter US-Vermittlung die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain und später Marokko und der Sudan.
An diesen Erfolg aus seiner ersten Amtszeit will Trump anschliessen. Bei einem Treffen mit Anführern der Golfstaaten in Riad lobte er die Emirate und Bahrain für ihre Schritte und sagte: «Ich hoffe, dass wir bald an diesen Fortschritt anknüpfen können.» Während Trumps laufender Reise durch die Golfländer gab es auch Spekulationen, ob Saudi-Arabien seine Beziehungen mit Israel förmlich normalisieren könnte, was jahrzehntelang ausgeschlossen schien.
Weil die beiden Länder noch nie diplomatische Beziehungen unterhielten, würde eine Annäherung wohl nur langsam verlaufen. Die Eröffnung von Botschaften müsste ebenso beschlossen werden wie die gegenseitige Anerkennung von Reisepässen oder die Aufnahme eines direkten Flugverkehrs. Erst dann könnten sich schrittweise auch wirtschaftliche Beziehungen oder Handel entwickeln. Trump sagte, sein Besuch in der Region sei «gut für Israel».
Al-Scharaa kann mit der Aufhebung von US-Sanktionen, die er seit Monaten fordert, auf einen wirtschaftlichen Neuanfang für sein Land hoffen. Die schwerreichen Golfländer Katar und Saudi-Arabien haben zugesagt, al-Scharaa und seine Übergangsregierung finanziell zu unterstützen. Die US-Sanktionen waren hierbei die wohl grösste Hürde. Die Europäische Union hat ebenfalls begonnen, erste Sanktionen zu lockern. Der Wiederaufbau Syriens könnte nach UN-Schätzungen 250 bis 400 Milliarden US-Dollar kosten.
«Jetzt ist ihre Zeit gekommen. Wir heben alle (Sanktionen) auf», sagte Trump bei einem Investorenforum in Riad. In syrischen Städten brach nach der Ankündigung Jubel aus. Ein Mann in Damaskus sprach von einem «zweiten Sieg über das frühere Regime».
 

Redaktion