GRA und SIG 26. Mai 2023

Es geht um Geld

Bei der Zusammenarbeit hapert es – nun treffen sich der Schweizerische Israelitische Gemeindebund und die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus zu «vertieften Gesprächen».

Das Verhältnis zwischen den Verantwortlichen des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) war schon rosiger: Seit einigen Monaten gibt es immer wieder Unklarheiten, die vor allem aufgrund der neuen Zukunftsstiftung des SIG entstanden sind. Pascal Pernet, GRA-Präsident, sprach Ende März gegenüber tachles von einem «konkurrenzierenden Vorgehen» seitens des SIG, da der Stiftungszweck kongruent mit dem Stiftungszweck der GRA sei. Es geht vor allem um Geld – vor allem hinsichtlich des Antisemitismusberichts, den beide Organisationen gemeinsam herausgeben.

«Vertiefte Zusammenarbeit»
Bereits Anfang April verkündete die SIG-Geschäftsleitung in einer Mitteilung, dass der Dachverband und die GRA eine «vertiefte Zusammenarbeit» prüfen werden. Es heisst darin: «Diese schliesst eine Beteiligung der GRA an den Kosten der Antisemitismuserfassung,- analyse, -beratung, und -berichterstattung mit ein.» Der SIG schreibt in dieser Mitteilung, die offensichtlich nicht mit der GRA abgestimmt wurde, dass der SIG die Kosten für den Antisemitismusbericht bisher «selbst getragen» habe. Jonathan Kreutner, Generalsekretär des SIG, bestätigt auf Nachfrage: «Im Gespräch wird es auch um eine Beteiligung der GRA an den Kosten des Berichtes gehen. Bis jetzt hat der SIG sämtliche Kosten des Berichtes alleine getragen. Die GRA ist seit über zehn Jahren aber Mitherausgeberin des Berichtes und hat ein Mitspracherecht.» In der Realität aber ist die GRA mehr als eine Mitherausgeberin, sie hat durchaus am Bericht mitgewirkt und ist an der Entstehung beteiligt. Seitens der GRA sieht man zwar auch die Notwendigkeit für klärende und zukunftsweisende Gespräche – finanziell am Antisemitismusbericht beteiligen wird die GRA sich aber kaum, bevor nicht auch darüber gesprochen wird, ob die Ressourcen besser eingesetzt werden könnten. Der SIG veranschlagt für den Antisemitismusbericht Kosten von rund 200 000 Franken, da könnte sicher über eine Optimierung nachgedacht werden, anstatt Geld von der GRA zu erwarten. Jonathan Kreutner ergänzt: «Bei unseren Gesprächen mit der GRA geht es aber nicht nur um Geld. Wir wollen die Chance nutzen, die Rollen zwischen uns besser zu klären. Dabei wird auch eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen SIG und GRA zur Sprache kommen. Ziel wäre es, die Zusammenarbeit auf eine gefestigte Grundlage zu stellen.»

Fundraising und Zukunftsstiftung
Damit dies gelingt, muss es wohl auch die Rolle der Zukunftsstiftung und deren Zweckbestimmung gehen. Kreutner sagt: «Wir werden der GRA bei den Gesprächen nochmals darlegen, wie wir das Fundraising für die beiden Programme Likrat und Antisemitismusbericht angehen werden. Dabei werden wir sicher erneut betonen, dass die Zukunftsstiftung nicht aktiv werden wird. Es werden offene Gespräche mit der GRA sein. Der GRA steht es natürlich frei, ihre Anliegen auch uns gegenüber zu äussern.» Das wird sicherlich der Fall sein, Pascal Pernet möchte sich aber im Vorfeld des Treffens allerdings nicht erneut zu dem Thema äussern. Offen ist aber nach wie vor die Frage, was es konkret bedeutet, wenn die Zukunftsstiftung «nicht aktiv werden wird». Sie ist nach wie vor auf der Website des SIG zu finden und es steht allen Personen offen, Spenden zu tätigen und diese vom steuerbaren Einkommen abzuziehen. Vor wenigen Wochen sagte Pascal Pernet, er begrüsse den Entschluss des SIG, die Zukunftsstiftung aktuell in den Hintergrund treten zu lassen. Er hielt aber nach wie vor an seiner Forderung fest, dass der Dachverband den Stiftungszweck ändern müsse. Gleichzeitig sprach sich Pernet für eine konstruktive Zusammenarbeit aus, bei der Synergien genutzt werden. Wie sich SIG und GRA wieder annähern, bleibt abzuwarten, und es hängt sicher davon ab, was beide Organisationen darunter verstehen, «die Zusammenarbeit auf eine neue Grundlage zu stellen». Die Mitteilung des SIG weist darauf hin, dass es vor allem um Geld geht. Dies wundert nicht, da der Dachverband an der Delegiertenversammlung (DV) Mitte Mai ein Defizit von zwei Millionen Franken präsentieren musste. Nun wird offenbar in alle Richtungen gedacht, um Gelder zu generieren. SIG-Präsident Ralph Lewin sagte an der DV, eine «vertiefte Zusammenarbeit zwischen der GRA-Stiftung und dem SIG» werde hinsichtlich einer finanziellen Beteiligung geprüft, da diese den «SIG finanziell entlasten würde». Die Verhandlungsgrundlage für das Gespräch scheint seitens des SIG bereits vorgegeben zu sein.

Valerie Wendenburg