USA – Höhere Bildung 30. Apr 2025

Harvard-Erhebungen produzieren negative Ergebnisse

Studien zu Antisemitismus und Feindseligkeit gegen Muslime und Palästinenser an der Elite-Uni. 

Zwei Arbeitsgruppen an der Harvard Universität haben für getrennte Studien zu Antisemitismus (Link) und Feindseligkeit gegen Muslime und Palästinenser (Link) rund 2300 Antworten von Lehrkräften, Mitarbeitern und Studierenden ausgewertet. Beide Berichte wurden am Dienstag veröffentlicht und ergeben laut den «New York Times» ein vernichtendes Bild über die Zustände an der Universität: Antisemitismus habe Lehrveranstaltungen, das Sozialleben, die Einstellung einiger Lehrkräfte und die Weltanschauung bestimmter akademischer Programme beeinflusst. Gleichzeitig werden Vorurteile gegen Araber, Muslime und Palästinenser festgestellt. 

Die Universität hat kürzlich die umstrittene Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance übernommen.

Die Berichte sind Hunderte von Seiten stark und kommen für die Universität zu einem heiklen Zeitpunkt. Bekanntlich steht Harvard wegen Antisemitismus-Vorwürfen durch die Trump-Regierung unter Druck. Die Uni kann nun aber auch demonstrieren, dass sie aus eigener Kraft Missstände überprüfen kann. So entschuldigte sich Harvard-Präsident Alan Garber für die von den Arbeitsgruppen aufgedeckten Probleme. Der Hamas-Angriff auf Israel im Jahr 2023 und der darauffolgende Krieg hätten seit langem schwelende Spannungen an die Oberfläche gebracht. Garber versprach, diese Probleme zu beheben: «Harvard kann und wird Bigotterie nicht dulden.»

Die Arbeits-Gruppe zu Antisemitismus besteht hauptsächlich aus Lehrkräften, aber auch Studierenden, einem ehemaligen Hillel-Direktor und dem «Chief Community and Campus Life Officer». Dieser «Beauftragte für das Campus-Leben» hiess bis Dienstag «Chief Diversity and Inclusion Officer». Die Änderung signalisiert eine Abkehr von dem linksliberalen Fokus auf «DEI», also Diversität, Gleichstellung und Inklusion». Laut der Studie scheint Antisemitismus in Universitätszweigen mit einem Schwerpunkt auf sozialer Gerechtigkeit, darunter der Graduiertenschulen für Pädagogik und Theologie, sowie der Fakultät für öffentliche Gesundheit, stärker ausgeprägt zu sein.

Die Arbeitsgruppe zu Vorurteilen gegen Muslime fasste die Gefühle vieler dieser Menschen mit zwei Worten zusammen: «im Stich gelassen und zum Schweigen gebracht».

Die Berichte haben keinen investigativen Charakter, denn die von Befragten beschriebenen Erfahrungen wurden nicht überprüft. Die Beispiele sind indes krass. So bat ein Student um Erlaubnis, nicht mit einem israelischen Partner zusammen zu arbeiten. Ein Dozent gab diesem Wunsch statt, weil «seiner Ansicht nach ein Student, der die Sache einer unterdrückten Gruppe unterstützt, nicht gezwungen werden sollte, mit einem Studenten zusammenzuarbeiten, der als Mitglied einer `Unterdrückergruppe´ identifiziert wurde».

Daneben ergaben die Studien, dass sich sechs Prozent der befragten Christen auf dem Campus körperlich bedroht fühlen, während dies bei 15 Prozent der jüdischen und 47 Prozent der muslimischen Befragten der Fall war. Zudem haben 92 Prozent der befragten Muslime Bedenken, ihre Meinung zu äussern, während dies bei 51 Prozent der Christen und 61 Prozent der Jüdinnen und Juden der Fall ist (link).

Andreas Mink